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Die Einnistungsspritze bei künstlicher Befruchtung: Was bringt sie?

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Einnistungsspritze

Vieles wird unternommen, um die Einnistung eines Embryos im Rahmen einer IVF oder ICSI-Behandlung zu verbessern. Meist verabreicht man dazu Gelbkörperhormon oder hCG-Spritzen. In den letzten Jahren wird jedoch auch häufig die Gabe von GnRH-Analoga ausprobiert. Welche Vorteile haben Decapeptyl oder Triptofem zur Unterstützung der Einnistung?

Wieso wirkt Decapeptyl als Einnistungsspritze?

Decapeptyl ist ein Medikament zum Unterdrücken des Eisprungs, auch als Downregulation bezeichnet. Das ist die das übliche Einsatzgebiet für diese Medikamente.

Allerdings kann man mit Decapeptyl auch den Eisprung auslösen. Dies wird vor allem bei Frauen mit einem hohen Risiko für eine Überstimulation genutzt. Bevor diese Medikamente die Funktion der Hirnanhangsdrüse unterdrücken werden die Hormone der Hypophyse noch einmal ausgeschüttet („Flare up“). Mit dem Triptorelin (2 Ampullen Decaptyl 0,1 oder 2 Amp. Triptofem) regt man also die Ausschüttung des körpereigenen LH an, welches dann den Eisprung auslöst. Aufgrund der kürzeren Halbwertszeit ist das Risiko für ein Überstimulationssyndrom dann geringer.

Gibt man diese Medikamente in der zweiten Zyklushälfte, dann passiert zunächst das Gleiche: Die Hypophyse schüttet LH aus. LH in der zweiten Zyklushälfte löst jedoch nicht mehr den Eisprung aus, sondern stimuliert den Gelbkörper. Dieser schüttet dann mehr Progesteron aus und unterstützt die Einnistung.

Die Fragen zur Einnistungsspritze

Seitdem gibt es im Kinderwunschforum immer wieder Diskussionen darüber,

1. ob die Einnistungsspritze wirkt
2. wann sie zu geben ist und welches Präparat
3. Ob sie auch im langen Protokoll wirksam ist.

Das Prinzip

In der zweiten Zyklushälfte wird der Patientin ca. eine Woche nach der Entnahme der Eizelle im Rahmen der IVF ein GnRH-Analogon (Decapeptyl 0,1) verabreicht. Diese Wirkstoffe unterdrücken bei langfristiger Wirkung die Funktion der Hirnanhangsdrüse (Downregulation), jedoch bei einmaliger und kurz wirksamer Gabe kommt es zum gegenteiligen Effekt. Zunächst werden LH und FSH noch einmal ausgeschüttet („Flare up“) und fördern die Progesteronproduktion.

Diese Unterstützung setzt jedoch voraus, dass die Hirnanhangsdrüse ihre Hormone noch ausschütten kann, also nicht runterreguliert ist. So sollte man zumindest meinen, denn das Ziel des GnRH ist ganz spezifisch die Hirnanhangsdrüse. Daher kann diese „Einnistungsspritze“ im langen Protokoll eigentlich nicht wirken.

Die Wirkung im langen Protokoll

Die grundlegende Idee einer älteren Studie1)Jan Tesarik, André Hazout, Raquel Mendoza-Tesarik, Nicolas Mendoza, Carmen Mendoza Beneficial effect of luteal-phase GnRH agonist administration on embryo implantation after ICSI in both GnRH agonist- and antagonist-treated ovarian stimulation cycles
Human Reproduction 2006 21(10):2572-2579
war nun, dass das GnRH nicht nur an der Hypophyse wirkt, sondern auch an der Gebärmutterschleimhaut und womöglich auch direkt am Embryo und daher auch im langen Protokoll wirksam sein könnte.

In die Studie wurde 600 Frauen aufgenommen, wovon 300 mit einem langen Protokoll und weitere 300 mit einem Antagonisten-Protokoll auf eine ICSI-Behandlung vorbereitet wurden. Jeweils 150 der Frauen in jeder Gruppe erhielten 6 Tage nach der Eizellentnahme eine Spritze mit Decapeptyl 0,1 oder ein Placebo.

Durch die „Einnistungsspritze“ kam es zu einer signifikanten Steigerung der Progesteron- und Östradiol-Konzentrationen im Serum, auch bei den Patientinnen, die mit einem langen Protokoll vorbehandelt wurden. Offenbar ist die Hirnanhangsdrüse bei einem normalen zeitlichen Ablauf eines langen Protokolls eine Woche nach der Punktion bereits wieder in der Lage, auf zusätzliche GnRH-Stimuli zu reagieren.

Insgesamt kam es zu einer signifikanten Verbesserung der Einnistung und der Zahl an Lebendgeburten nach Gabe der „Einnistungsspritze“. Nach Vorbehandlung mit einem langen Protokoll kam es darüber hinaus zu einer signifikanten Verbesserung der Rate an fortlaufenden Schwangerschaften. Die Schwangerschaftsraten als solche verbesserten sich jedoch nicht signifikant im Vergleich zu den mit Placebo behandelten Frauen.

Einnistungsspritze vorzugsweise im Antagonistenprotokoll

Auch wenn diese Studie zeigte, dass die Erfolgsraten auch im sogenannten „langen Protokoll“ erhöht werden können, hat sich dies nie durchgesetzt. In den Folgejahren wurde die Einnistungsspritze ausschließlich im Antagonistenprotokoll verabreicht. 2010 erschien die erste Übersichtsstudie2)Oliveira JB, Baruffi R, Petersen CG, Mauri AL, Cavagna M, Franco JG Jr
Administration of single-dose GnRH agonist in the luteal phase in ICSI cycles: a meta-analysis.
Reprod Biol Endocrinol. 2010 Sep 8;8:107.
, in welcher die Ergebnisse zahlreicher kleiner Untersuchungen zusammengefasst wurden. Hier zeigte sich im langen Protokoll kein wesentlicher Vorteil, jedoch ein durchaus vielversprechender im Antagonisten-Protokoll.

Die Autoren stellten damals fest, das es Hinweise auf einen positiven Effekt gibt, dieser jedoch nicht ausreichend belegbar ist, um die Einnistungsspritze als Routine-Medikation anzubieten. Weitere Studien wurden damals gefordert.

Einnistungsspritze ohne Nachteil für die Gesundheit der Kinder

Und weitere Studien wurden durchgeführt. 2016 publizierte eine brasilianische Gruppe von Wissenschaftlern eine zusammenfassende Bewertung3)Martins WP, Ferriani RA, Navarro PA, Nastri CO
GnRH agonist during luteal phase in women undergoing assisted reproductive techniques: systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials.
Ultrasound Obstet Gynecol. 2016 Feb;47(2):144-51.
der bislang erschienenen Studien zu dem Thema Einnistungsspritze. Eine wichtige Aussage dieser Untersuchung war, dass die Medikamente keine negativen Auswirkungen auf die Kinder hatten.

Auch hier fand sich ein Hinweis auf eine bessere Einnistung der Embryonen. Allerdings wurde dieser Unterschied als statistisch schwaches Ergebnis beschrieben. Die Autoren der Studien rieten weiterhin nicht dazu, die Einnistungsspritze generell und außerhalb von Studien zu verabreichen.

Zusammenfassung

Die große Hype ist nun vorüber, als man noch dachte, die Einnistungsspritze würde alles verbessern. Sie ist recht nebenwirkungsarm und wird daher von manchen Kliniken als Routinebehandlung angewendet. Ratsam ist es  aufgrund der nun mäßig belegten Wirksamkeit noch nicht.

Literatur   [ + ]

1. Jan Tesarik, André Hazout, Raquel Mendoza-Tesarik, Nicolas Mendoza, Carmen Mendoza Beneficial effect of luteal-phase GnRH agonist administration on embryo implantation after ICSI in both GnRH agonist- and antagonist-treated ovarian stimulation cycles
Human Reproduction 2006 21(10):2572-2579
2. Oliveira JB, Baruffi R, Petersen CG, Mauri AL, Cavagna M, Franco JG Jr
Administration of single-dose GnRH agonist in the luteal phase in ICSI cycles: a meta-analysis.
Reprod Biol Endocrinol. 2010 Sep 8;8:107.
3. Martins WP, Ferriani RA, Navarro PA, Nastri CO
GnRH agonist during luteal phase in women undergoing assisted reproductive techniques: systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials.
Ultrasound Obstet Gynecol. 2016 Feb;47(2):144-51.

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DNA-Fragmentierung: Wie sinnvoll ist die Untersuchungen der Spermien-DNA?

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DFI Spermien DNA Fragmentationsindex

Bei der Bestimmung der DNA-Fragmentierung untersucht man das Erbgut der Spermien auf  Brüche oder Beschädigungen. Man vermutet, dass die Chancen auf eine Schwangerschaft mit zunehmender Fragmentation des Erbguts der Spermien sinkt. Das klingt zwar logisch, aber ist dieser Zusammenhang auch belegbar?

Bitte erwarten Sie jetzt keine abschließende Antwort auf diese Frage. Es gibt jedoch viele Kliniken (auch in Deutschland), die diese Antwort für sich gefunden zu haben scheinen. Sie sind ganz offenbar davon überzeugt, mit einer Untersuchung der Spermien-DNA die Schwangerschaftsraten deutlich verbessern zu können. Es gibt verschiedene Methoden zur Untersuchung des Spermienerbguts. Demzufolge wird natürlich immer darauf hingewiesen, dass nur die jeweils in der Klinik angewendete Methode die einzig sinnvolle sei.

Was wird bei der Bestimmung der DNA-Fragmentierung eigentlich untersucht?

Wie gesagt, die Aussagekraft der verschiedenen Methoden ist umstritten. Der grundsätzliche Ansatz bei allen Vorgehensweisen ist jedoch die Darstellung sogenannter Chromosomenbrüche („Fragmentierungen“) in der DNA der Spermien. Dazu werden verschiedene Marker verwendet, welche die auffälligen Bereiche des Erbguts markieren. Die Ergebnisse sind „semiquantitativ“, sie geben also meist in Prozent an, wie hoch der Anteil des beschädigten Erbguts (DNA-Fragmentationsidex=DFI) ist. Alle Methoden lassen einen jedoch ziemlich alleine mit der Frage, was man mit diesen Untersuchungsergebnissen eigentlich anfangen soll/kann.

Was sagen einem die Ergebnisse (der DFI)?

Laienhaft gesehen würde man sich ja wünschen, dass es möglich wäre, mit diesen Methoden, die richtigen (also genetisch intakten) Spermien herauszusuchen. Zumindest bei einer ICSI wäre das ja hilfreich. So ist es aber leider nicht.

  • Die Spermien werden durch die Untersuchung zerstört, man kann also keine Samenfäden für eine ICSI heraussuchen
  • Es wird nur angegeben, wieviele Spermien oder wieviel DNA der Spermien auffällig ist (in Prozent, also besagter DFI)
  • Die Frage nach den Grenzwerten1)Gängige Grenzwerte für den DFI. Die Aussagekraft ist nicht belegbar!DFI 0-15 %:
    Einer Schwangerschaft steht nichts im Wege.DFI 15-25 %:
    Eine Schwangerschaft auf normalem Wege ist möglich, es kann aber durchaus länger dauern, bis sie eintritt. Oft wird dann auch eine Samenübetragung (Insemination) angeraten.

    DFI > 30 %:
    Eine Schwangerschaft ist weder auf normalem Wege oder durch eine Insemination wahrscheinlich. Oft wird gleichzu einer IVF geraten.

    DFI > 50 %:
    Hier wird meist gleich zu einer Intra-Cytoplasmatische Spermien-Injektion (ICSI) geraten.

    DFI > 60 %:
    Nur mit ICSI kann eine Schwangerschaft herbeigeführt werden oder aber mit Spermien eines Spenders.

    und deren Konsequenzen ist nicht hinreichend geklärt. Wird bei einem Test z. B. ein Grenzwert von 15% auffälliger Spermien festgelegt (ist beim sogenannten TUNEL-Test der Fall), was macht man bei 16%? Empfiehlt man dann eine Spermienspende? Oder zumindest eine ICSI?
  • Ein auffälliger Wert kann auch „tagesformabhängig“ sein, so z. B. nach einem fieberhaften Infekt, die Ergebnisse können also beim gleichen Mann unterschiedlich sein
  • An welcher Stelle der DNA ein Bruch auftritt, kann man mit den Methoden nicht klären. Da große Bereiche des menschlichen Erbguts keine relevante erkennbare Funktion besitzen, kann eine hohe DNA-Fragmentierung ohne Bedeutung sein, wenn nur diese Regionen betroffen sind.

Zusammenfassend hat man also orientierende Werte zum Anteil der fragmentierten DNA der Spermien, aus denen man jedoch nur begrenzt eine Therapie ableiten kann.

Welche Folgen haben DNA-Fragmentierungen in den Spermien?

Die DNA Fragmentierung ist äußerlich nicht erkennbar
Äußerlich nicht erkennbar: Ist das Erbgut der Spermien in Ordnung?

Zahlreiche Studien zu diesem Thema zeigten einen Einfluss auf die Befruchtungsrate, Embryonenentwicklung, Schwangerschafts- und Fehlgeburtenrate. Jedoch waren die Ergebnisse der Studien widersprüchlich. Andere Autoren konnten diese Ergebnisse nicht bestätigen. Die Erkenntnis, dass bei Männern mit schlechten Spermiogrammen eine höhere Fragmentierungsrate der Spermien-DNA besteht, ist eindeutig belegbar.  Allerdings hilft einem diese Erkenntnis, die im Alltagsgeschäft nur wenig weiter.

Wie kommt es eigentlich zu dieser Fragmentierung der DNA?

Es können schon länger bestehende oder auch akute Ereignisse sein, denen man eine negative Auswirkung auf die Spermien-DNA zuschreibt. Bei den akuten Erkrankungen besteht die Hoffnung auf eine Verbesserung der DNA-Brüche in einem entsprechenden zeitlichen Abstand (12 Wochen).

  • Erkrankungen mit Fieber
  • Varikozele (Hodenkrampfader)
  • Dauerhaft erhöhte äußere Temperaturen. Das kann klimatisch aber vor allem durch Sitzheizung oder langes Radfahren bedingt sein
  • Akute und chronische Entzündungskrankheiten, z. B. auch rheumatische Erkrankungen
  • Eine erhöhte Exposition gegenüber freien Radikalen, was inzwischen als „antioxidativer Stress“ schon Teil des Volksmunds ist und möglicherweise auch behandelbar.

Es handelt sich hierbei auch wieder nur um nur mäßig gut belegbare theoretische Überlegungen. Echte Beweise für solche Zusammenhänge gibt es jedoch nicht.

Sollte man die DNA-Tests dann überhaupt durchführen?

Dazu hat die „American Society of Reproductive Medicine“ eine Richtlinie herausgegeben,2)ASRM Pages, The Clinical Utility of Sperm DNA Integrity Testing: A Guideline, 2013 in der die gebräuchlichen Methoden zur Testung der Spermien-DNA anhand der publizierten Literatur geprüft und bewertet wurden. Folgende Fragen wurden gestellt und der Versuch einer Antwort unternommen:

  • Sind die DNA-Tests in der Lage, die männliche Fruchtbarkeit auf normalem Wege (Geschlechtsverkehr) vorherzusagen?
    Es gibt Studien, die die Wartezeit bis zur Schwangerschaft untersuchten, die DNA zwischen fruchtbaren und unfruchtbaren Männern untersuchten und die von Spermienspendern. Eine Vorhersage der Fruchtbarkeit ist nicht möglich, eindeutige Grenzwerte liegen nicht vor. Es konnten lediglich (wie oben bereits erwähnt) vermehrt DNA-Brüche bei Männern mit eingeschränkter Spermienqualität gesehen werden.
  • Sind DNA-Tests in der Lage, den Erfolg einer Spermienübertragung (Insemination) vorherzusagen?
    Es gibt lediglich eine Studie, die einen Grenzwert von 30% Fragmentierung angibt, ab der die Schwangerschaftsraten schlechter werden. Dies ist jedoch nur gültig für die sogenannten SCSA-Test und andere Studien konnten dieses Ergebnis nicht bestätigen. Die Autoren der ASRM kommen daher zu dem Schluss, dass eine Vorhersage der Schwangerschaftswahrscheinlichkeit durch Untersuchungen der Spermien-DNA nicht möglich scheinen.
  • Kann man den Erfolg einer IVF mit Hilfe der DNA-Tests einschätzen?
    Auch wenn es zahlreiche Studien zu dieser Fragestellung gibt und auch Hinweise auf einen Einfluss der DNA-Fragmentierung auf den Erfolg einer IVF-Behandlung, so fehlen immer noch beweisende Studien, die einen Routine-Einsatz der DNA-Untersuchung rechtfertigen würde.
  • Kann man den Erfolg einer ICSI mit Hilfe der DNA-Tests einschätzen?
    Auch hier finden sich zahlreiche Hinweise auf einen negativen Einfluss der DNA-Fragmentierung auf die Schwangerschaftsraten. Aber dieser ist statistisch nicht eindeutig. Vor allem ließen sich aus den Ergebnissen der Studien keine Grenzwerte ableiten, um aus den Ergebnissen therapeutische Konsequenzen abzuleiten.
  • Ist die Raten an Fehlgeburten von der Spermien-DNA abhängig?
    Eine Übersichtsarbeit, die Studien zu diesem Thema zusammenfasste, zeigte einen deutlichen statistischen Zusammenhang, der jedoch noch nicht als beweisend gewertet werden kann.

Empfehlungen der US-Fachgesellschaft (ASRM) zum Fragmentation-Index

Die Autoren raten daher von einem routinemäßigen Einsatz der Untersuchung auf DNA-Fragmentierungen ab, da aus den Ergebnissen keine Vorhersage zur Schwangerschaftswahrscheinlichkeit oder dem Verlauf einer Schwangerschaft abgeleitet werden kann.

Im Einzelfall mögen die Methoden hilfreich sein, daher kann man in solchen Fällen auch dazu raten, jedoch sollten die Patienten über die limitierte Aussagekraft der Untersuchung ausführlich aufgeklärt werden.

Und was ist mit der Eizelle?

Nun sind im Hinblick auf den Therapieerfolg nicht nur die Spermien von Bedeutung, sondern auch die Eizellen. Wenn man also untersucht, welchen Einfluss die DNA-Fragmentierung auf die Schwangerschaftsraten und die Zahl der geborenen Kinder hat, kann die Eizellqualität diese Ergebnisse stark beeinflussen. UNd zwar ohne, dass man diesen Einfluss genau einschätzen kann.

Um den Einfluss der Eizellqualität möglichst zu mindern, ist es naheliegend, eine Studie durchzuführen, bei der die Qualität der Eizellen möglichst ausgeglichen und gut ist. Unter diesen Voraussetzungen fällt die Beschaffenheit der Spermien – und damit auch des DFI – stärker ins Gewicht.  und ist somit besser beurteilbar.

Diesen Ansatz verfolgte eine Gruppe Wissenschaftler aus Italien und Griechenland3)Antonouli S, Papatheodorou A, Panagiotidis Y, Petousis S, Prapas N, Nottola SA, Palmerini MG, Macchiarelli G, Prapas Y
The impact of sperm DNA fragmentation on ICSI outcome in cases of donated oocytes.
Arch Gynecol Obstet. 2019 Apr 2. doi: 10.1007/s00404-019-05133-9
. Hier wurden die Ergebnisse von Behandlungen mit Eizellenspende untersucht. Natürlich ist Qualität der Eizellen junger Eizellspenderinnen auch nicht durchgehend gleich, aber weniger unterschiedlich als in normalen IVF- oder ICSI-Zyklen. Auch hier fand sich ein Zusammenhang zwischen der Zahl, Beweglichkeit und Morphologie der Spermien und ihrer durchschnittlichen DNA-Fragmentierung (DFI).

Jedoch fand sich bei der Eizellspende mit ICSI) kein Zusammenhang zwischen der DNA-Fragmentgierung der verwendeten Spermien und den Erfolgsraten der durchgeführten ICSI.

Und was ist mit der IMSI?

Die IMSI (Untersuchung der Spermien unter sehr hoher Vergrößerung vor einer ICSI) hat ja den vermeintlichen Vorteil, dass die besten Spermien damit auch gezielt ausgewählt werden können. Dies ist theoretisch interessant, in der Praxis jedoch offenbar nicht, wie auch hier eine Übersichtsarbeit der Cochrane Collaboration zeigen konnte.

Foto von Iqbal Osman1

Literatur   [ + ]

1. Gängige Grenzwerte für den DFI. Die Aussagekraft ist nicht belegbar!DFI 0-15 %:
Einer Schwangerschaft steht nichts im Wege.DFI 15-25 %:
Eine Schwangerschaft auf normalem Wege ist möglich, es kann aber durchaus länger dauern, bis sie eintritt. Oft wird dann auch eine Samenübetragung (Insemination) angeraten.

DFI > 30 %:
Eine Schwangerschaft ist weder auf normalem Wege oder durch eine Insemination wahrscheinlich. Oft wird gleichzu einer IVF geraten.

DFI > 50 %:
Hier wird meist gleich zu einer Intra-Cytoplasmatische Spermien-Injektion (ICSI) geraten.

DFI > 60 %:
Nur mit ICSI kann eine Schwangerschaft herbeigeführt werden oder aber mit Spermien eines Spenders.

2. ASRM Pages, The Clinical Utility of Sperm DNA Integrity Testing: A Guideline, 2013
3. Antonouli S, Papatheodorou A, Panagiotidis Y, Petousis S, Prapas N, Nottola SA, Palmerini MG, Macchiarelli G, Prapas Y
The impact of sperm DNA fragmentation on ICSI outcome in cases of donated oocytes.
Arch Gynecol Obstet. 2019 Apr 2. doi: 10.1007/s00404-019-05133-9

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Übergewicht vermindert die Chancen bei IVF und ICSI

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Übergewicht

Übergewicht hat erwiesenermaßen oft einen negativen Einfluss auf den Hormonhaushalt. Aber auch bei der künstlichen Befruchtung ist die Eizellqualität beeinträchtigt. Offenbar behindern zu viele Kilos auch die Einnistung des Embryos in die Gebärmutter.

In zahlreichen Studien konnte ein Zusammenhang zwischen der Chance auf eine Schwangerschaft bei IVF und ICSI und dem Körpergewicht hergestellt werden. Frauen mit Übergewicht haben nicht selten hormonelle Störungen wie zum Beispiel ein PCO-Syndrom. Es gibt zudem Hinweise darauf, dass die Qualität der Eizellen schlechter ist als bei Normalgewichtigen.

Ist es die Einnistung oder die Eizelle?

Natürlich spielen immer viele Faktoren eine Rolle, wenn es um die Erfolgsraten bei der künstlichen Befruchtung geht. Und deswegen ist es beim Thema Übergewicht nur schwer möglich, die Ursachen für eine schlechtere Schwangerschaftsrate herauszufinden. Es ist belegbar, dass das Körpergewicht eine Rolle spielt, nur ist unklar, weshalb das so ist.

Will man also herausfinden, ob es an den Eizellen oder an der Einnistung liegt, kann man diese Fragen bei Frauen beantworten, die sich einer Eizellenspende unterziehen müssen.

Eizellspende als Studiengrundlage

Wenn eine Kinderwunschbehandlung mit Hilfe gespendeter Eizellen durchgeführt werden muss, dann kann man davon ausgehen, dass die Qualität der gespendeten Eizellen weitestgehend gut ist. Vergleicht man also die Erfolgsraten der Eizellspende bei Frauen in Abhängigkeit von ihrem Körpergewicht, dann fällt die Qualität der Eizellen als Einflussfaktor weg und nur die Einnistung spielt noch eine Rolle.

Dies machte man sich in einer aktuellen Studie zunutze. Französische Wissenschaftler untersuchten daher die Zahl der Lebengeburten bei künstlicher Befruchtung in Abhängigkeit vom Körpergewicht der behandelten Frauen1)Sermondade N, Huberlant S, Bourhis-Lefebvre V, Arbo E, Gallot V, Colombani M, Fréour T
Female obesity is negatively associated with live birth rate following IVF: a systematic review and meta-analysis.
Hum Reprod Update. 2019 Apr 3
. Sie analysierten dazu entsprechende Studien aus den Jahren 2007 bis 2017, in denen Eizellspenden und Behandlungen mit eigenen Eizellen durchgeführt wurde. 21 Studien wiesen aussagekräftige Zahlen zu Lebengeburten und Körpergewicht der Frauen auf.

Ein BMI ≥ 30 kg/m² senkt die Erfolgsraten

Im Vergleich zu normalgewichtigen Frauen (BMI 18.5-24.9 kg/m²) war die Zahl der Lebendgeburten bei Frauen mit einem BMI ≥ 30 kg/m² signifikant niedriger. Schaute man sich weitere Parameter genauer an, dann war ein PCO-Syndrom ein zusätzlicher negativer Faktor. Und das galt unabhängig davon, ob eigene oder fremde Eizellen verwendet wurden. Die Studie wurde in Human Reproduction Update veröffentlicht.

Das Übergewicht beeinträchtigte also die Chancen bei einer künstlichen Befruchtung unabhängig davon, ob eigene oder fremde Eizellen verwendet wurden. Zusätzliche Kilos scheinen also weniger ein Problem für die Eizellqualität zu sein, sondern eher für die Einnistung der Embryonen.

Literatur   [ + ]

1. Sermondade N, Huberlant S, Bourhis-Lefebvre V, Arbo E, Gallot V, Colombani M, Fréour T
Female obesity is negatively associated with live birth rate following IVF: a systematic review and meta-analysis.
Hum Reprod Update. 2019 Apr 3

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Erhöhtes Prolaktin: Wie wichtig ist das Hormon bei IVF und ICSI?

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IVF erhöhtes Prolaktin

Prolaktin ist ein Hormon, das in der Hirnanhangsdrüse gebildet wird. Es ist bei Stress oder auch bei stillenden Frauen erhöht. Erhöhtes Prolaktin kann einen negativen Einfluss auf die Reifung der Follikel und Eizellen haben. Das kann bis zum Ausbleiben des Eisprungs gehen. Wie wichtig sind normale Prolaktinwerte bei der künstlichen Befruchtung?

Es ist bekannt, dass erhöhtes Prolaktin (Hyperprolaktimämie) die Reifung der Eizellen stören kann. Das führt oft zu Zyklusunregelmäßigkeiten und beeinträchtigt möglicherweise auch die Qualität der Eizellen. Das alles ist belegbar für den natürlichen Zyklus. Wie ist es jedoch, wenn bei einer künstlichen Befruchtung hochdosiert Hormone gegeben werden? Führt das nicht möglicherweise dazu, dass die Hyperprolaktinämie nebensächlich wird, weil die zugegebenen Hormone den negativen Einfluss des Prolaktins mindern?

Wenn man sich so anschaut, was man alles bei Kinderwunsch beachten muss und was nach einer IVF oder ICSI, dann wäre man schon froh, wenn es nun einen Parameter gäbe, der keine so große Rolle spielt.

Erhöhtes Prolaktin ist von geringer Bedeutung bei IVF und ICSI

Eine chinesische Gruppe von Wissenschaftlern untersuchte nun die Auswirkung von Prolaktin auf den Ausgang einer künstlichen Befruchtung1)Duan Y1, Liu X1, Hou W, Deng M, Gao J, Zhou C, Xu Y
No impact of treated hyperprolactinemia on cumulative live birth rate and perinatal outcomes in in vitro fertilization-embryo transfer.
J Obstet Gynaecol Res. 2019 Apr 1. doi: 10.1111/jog.13957
. Sie behandelten  535 Frauen mit einer IVF oder ICSI. 123 davon hatten eine behandelte Hyperprolaktinämie. 369 Frauen wiesen keine erhöhten Prolaktinwerte auf und bei 43 waren die Werte trotz Behandlung weiterhin erhöht. Zwischen den ausreichend behandelten und den gesunden Frauen gab es im Hinblick auf die Lebendgeburtenrate keinen Unterschied.

Das alleine ist nun wirklich keine sehr spannende Erkenntnis. Obwohl es natürlich schon beruhigend ist, dass die Behandlung der Hyperprolaktinämie tatsächlich auch zur „Heilung“ führt. Was war mit jenen, deren Prolaktinwerte immer zu hoch sind?

Es macht schlicht keinen Unterschied. Auch in der Gruppe der unzureichend behandelten Frauen war die Lebendgeburtenrate ebenso gut wie bei den anderen beiden Gruppen. Nun muss man berücksichtigen, dass es sich um eine vergleichsweise geringe Zahl an Patienten handelt und um eine „retrospektive“ Analyse. Das sollte zur Vorsicht verleiten. Dennoch ist der Schluss zu rechtfertigen, dass die Therapie erhöhter Prolaktinwerte zwar sinnvoll ist, aber die fortbestehende Hyperprolaktinämie den Ausgang einer IVF oder ICSI nicht beeinflusst.

 

Literatur   [ + ]

1. Duan Y1, Liu X1, Hou W, Deng M, Gao J, Zhou C, Xu Y
No impact of treated hyperprolactinemia on cumulative live birth rate and perinatal outcomes in in vitro fertilization-embryo transfer.
J Obstet Gynaecol Res. 2019 Apr 1. doi: 10.1111/jog.13957

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Scratching bei der künstlichen Befruchtung: Weiterhin umstritten

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scratching

Unlängst hatten wir hier bereits eine Übersicht zu der Methode des „Scratching“ eingestellt. Mit Hilfe des „Anritzens“ der Gebärmutterschleimhaut soll die Wahrscheinlichkeit einer Einnistung eines Embryos bei der künstlichen Befruchtung erhöht werden. Vor allem aktuelle Studien zeigten eher Anlass zur Skepsis. Niemand weiß genau, ob das Scratching hilft. Und wenn es helfen sollte, dann ist unklar, welchen Patientinnen damit geholfen werden kann.

Nachdem in der letzten Zeit zahlreiche Studien zum Scratching veröffentlicht, darunter auch einige Zusammenfassungen der Ergebnisse mehrerer Studien, ist nun eine weitere Übersichtsarbeit in Human Reproduction Open erschienen1)van Hoogenhuijze NE, Kasius JC, Broekmans FJM, Bosteels J, Torrance HL
Endometrial scratching prior to IVF; does it help and for whom? A systematic review and meta-analysis.
Hum Reprod Open. 2019 Jan 29;2019(1):hoy025.
.  Hier wurde der Fokus vor allem darauf gerichtet, herauszufinden, ob zumindest bestimmte Patientengruppen davon profitieren.

Denn es ist ja nach wie vor ein interessantes Phänomen: Niemand weiß, wie das Scratching eigentlich genau wirkt. Aber es hilft und wer heilt hat recht, so hieß es zumindest in der jüngeren Vergangenheit. Sogar die unbestechliche Cochrane Database fand Positives zu berichten, zumindest für Paare, die bereits zweimal eine IVF ohne Erfolg durchgeführt hatten. In diesem Jahr 2019 häufen sich jedoch nun anders lautende Meldungen.

Die aktuelle Metaanalyse (oder eher der Versuch eine solchen) versuchte, aus insgesamt 14 Studien mit mehr als 2.500 Paaren zum Thema Scratching die Patienten herauszuarbeiten, bei denen es möglicherweise hilft. Dazu untersuchte man den Effekt des Scratchings bei drei unterschiedlichen Gruppen. Paaren in ihrem ersten IVF-Zyklus (Gruppe 0), nach einem erfolglosen Zyklus inklusive der sich möglicherweise daraus ergebenen Kryozyklen (Gruppe 1) und Paare nach zwei kompletten IVF-Behandlungen.

Nur für die Gruppe 1 können Aussagen zur Zahl der Lebendgeburten gemacht werden, da nur hier in den Studien durchgehend darüber berichtet wurde. Es fand sich kein Unterschied zwischen den Patientinnen, die ein Scratching bekommen hatten und der Kontrollgruppe, die diese Zusatzbehandlung nicht erhielten.

Für die Gruppen 0 und 2 konnte eine solche Metaanalyse nicht durchgeführt werden. Das setzt ja voraus, dass die Datenerhebung identisch ist, sonst kann man sie nicht zusammenfassen. Und das war für diese beiden Gruppen leider der Fall. Hinzu kam, dass in den einzelnen Studien die Ergebnisse sehr unterschiedlich ausfielen. Von „Bringt nichts“ über „weiß nicht so recht“ bis hin zu „ganz toll“ war alles dabei. Eine zusammenfassende oder gar eindeutige Aussage ist daher nicht möglich.

Die Autoren nahmen an, dass ein Teil der unterschiedlichen Aussagen auch daher rührte, dass die Kontrollgruppe in den Studien unterschiedlich „nicht behandelt“ wurde. In machen Studien wurde tatsächlich nichts gemacht, in anderen Studien wurde die Gebärmutter zwar mit einem kleinen Katheter sondiert, aber die Schleimhaut nicht verletzt. Vermeintlich, so die Autoren der aktuellen Studie. Denn natürlich kann man auch mit einer möglichst schonenden Sondierung der Gebärmutterhöhle eine versehentliche Verletzung der Gebärmutterschleimhaut nicht ausschließen.

Nimmt man diese Studien aus den Berechnungen heraus, dann ergab sich für die Gruppen 0 und 2 kein Unterschied in der Zahl lebend geborener Kinder. die Zahl der klinischen Schwangerschaften war jedoch signifikant höher.

Nun hilft es wenig, wenn eine Methode zwar zu mehr Schwangerschaften führt, jedoch die Zahl der Lebendgeburten nicht signifikant erhöht ist, denn darum geht es ja nun mal in der Kinderwunschbehandlung. Das ist auch die Schlussfolgerung der Autoren der Studie:

Es bleibt weiterhin unklar, ob das Scratching die Chancen auf eine Schwangerschaft oder Geburt eines Kindes nach einer künstlichen Befruchtung wirklich verbessert. Und wenn ja, für wen es dann hilfreich ist.

Literatur   [ + ]

1. van Hoogenhuijze NE, Kasius JC, Broekmans FJM, Bosteels J, Torrance HL
Endometrial scratching prior to IVF; does it help and for whom? A systematic review and meta-analysis.
Hum Reprod Open. 2019 Jan 29;2019(1):hoy025.

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Fruchtbare Tage erkennen: Wann genau ist der fruchtbarste Zeitpunkt?

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fruchtbare tage hormone eisprung

Die fruchtbaren Tage der Frau erstrecken sich über einen Zeitraum von ungefähr  5-6 Tagen. Das ist zumindest der Zeitraum, der meist genannt wird. Wann genau innerhalb dieser Tage ist die Wahrscheinlichkeit für eine Schwangerschaft am höchsten?

Fruchtbare Zeit der Frau ist viel kürzer

Die Eizelle ist nur 12- 24 Stunden nach dem Eisprung befruchtungsfähig. Dennoch sind die fruchtbaren Tage sehr viel länger und erstrecken sich über 4-6 Tage, je nachdem, welcher Studie zu diesem Thema man glaubt und wie die individuelle Voraussetzungen sind. Dieser längere Zeitraum ist auf die Überlebensfähigkeit der Spermien zurückzuführen, die 3-5 Tage betragen kann. Und daraus ergibt sich, dass die fruchtbaren Tage eigentlich VOR dem Eisprung sein müssten. Ist das wirklich so?

Fruchtbare Tage und Eisprung

Weiß man, wann der Eisprung eintritt, kann man den optimalen Zeitpunkt für den Eintritt einer Schwangerschaft festlegen. Im Jahre 2000 hatten Colombo und Masarotto dazu eine große europäische Studie1)Colombo B, Masarotto G.
Daily fecundability: first results from a new data base.
Demogr Res. 2000 Sep 6;3:[39]
erhoben mit 3175 Zyklen und 434 Schwangerschaften. Die Ergebnisse lassen sich der Graphik entnehmen

fruchtbare Tage um den Eisprung
Die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft vor und nach dem Eisprung © wunschkinder.net

Man erkennt gut, dass die Fruchtbarkeit in der Tat VOR dem Eisprung besonders hoch ist. Ist der Eisprung bereits erfolgt, fällt die Wahrscheinlichkeit für eine Schwangerschaft schnell ab. Das lässt sich aus den eingangs erwähnten biologischen Voraussetzungen bei Eizelle und Spermien ableiten. Nach dem Eisprung ist die Eizelle maximal für einen Tag befruchtungsfähig. Da die Spermien jedoch bis zu 5 Tage ihre Vitalität behalten, ergibt sich ein Zeitraum von mehreren Tagen vor dem Eisprung, in dem Geschlechtsverkehr zu einer Schwangerschaft führen kann.

Es ist also wichtig, den richtigen Zeitpunkt zu kennen, wie stellt man ihn fest?

Die fruchtbaren Tage sind nicht bei jeder Frau identisch, da die Zykluslängen unterschiedlich sind aber vor allem der Zeitpunkt des Eisprungs entscheidend ist. Und dazu ist es notwendig, den Tag des Eisprungs festzustellen. Wichtig sind dazu die hormonellen Abläufe, die im Zyklus auftreten.

Grundlagen des weiblichen Zyklus: Hormone, Follikel, Gelbkörper

Fruchtbare Tage Hormonzyklus Eisprung
Bildlizenz: clipdealer.de

In der Graphik erkennt man die Abläufe im weiblichen Zyklus. Mit zunehmender Größe des Eibläschens (Follikel) steigt der Östrogenspiegel. Kurz vor dem Eisprung schießt das Luteinisierende Hormon (LH) in die Höhe. Spätestens einen Tag darauf tritt der Eisprung ein. Anschließend steigt der Progesteron-spiegel. Mehr dazu im Theorie-Teil unserer Seite.

Berechnung bei regelmäßigem Zyklus (Fruchtbarkeitsformel)

Man kann versuchen, ihn einfach zu berechnen. Zumindest bei regelmäßigen Zyklen kann dies ausreichen. Dann nimmt man erst einmal an, dass die zweite Zyklushälfte bei fast allen Frauen ca. 14 Tage lang ist. Dann muss man von seiner (regelmäßigen) Zykluslänge nur 14 Tage abziehen, um den Tag des Eisprungs auszurechnen.

  • Beispiel Bei einem „klassischen Zyklus“ von 28 Tagen findet der Eisprung vermutlich um den 14. Zyklustag herum statt (28-14). Der fruchtbarste Tag wäre demzufolge der Zyklustag 13 (also der Tag vor dem zu erwartenden Eisprung) gefolgt vom 12. Zyklustag (zwei Tage vor dem Eisprung). Und schließlich dem Zyklustag 14, also der Tag des Eisprungs selbst. Fruchtbare Tage ergeben sich daher in diesem Fall vom 12.-14. Zyklustag.
  • Bei einem regelmäßigen 25-Tagezyklus ergibt sich die höchste Fruchtbarkeit für den 9.-11. Zyklustag
  • Zusammenfassende Fruchtbarkeitsformel: Durchschnittliche Zykluslänge minus 12 bis durchschnittliche Zykluslänge minus 14.

Wie gesagt, solche Berechnungen sind nur sinnvoll, wenn der Zyklus regelmäßig ist. Nur dann kann man auch einen Fruchtbarkeitsrechner sinnvoll einsetzen. Wenn Sie möchten, nutzen Sie unseren Eisprungrechner

Einfache Kontrolle durch Temperaturmessung

Hormonbedingt weist die Körpertemperatur jeder Frau im Zyklus typische Schwankungen auf. Nach dem Eisprung steigt die Körpertemperatur durch das Progesteron oft deutlich (0,5 °C (+/- 0,1 °C)) an. Die morgendliche Messung der Körpertemperatur vor dem Aufstehen (Basaltemperatur = ohne körperliche Belastung) lässt unter idealen Umständen einen Eisprung erkennen und auch Störungen des Zyklus. Wie man richtig misst und wie man die Temperaturkurven richtig auswertet. lesen Sie in unserem Theorie-Teil nach. Leider kann man den Eisprung mit der Temperaturmessung erst feststellen, wenn er bereits eingetreten ist

Fruchtbare Tage und Zervixsekret

Das Sekret des Gebärmutterhalses wird auch gerne etwas prosaischer „Zervixschleim“ genannt. Im Gegensatz zur Temperaturmessung kann man mit den Ovulationstests den Eisprung vorhersagen. Das Sekret ändert seine Konsistenz mit zunehmender Höhe der Östrogenspiegel. Besonders dünnflüssig uns spinnbar ist das Sekret kurz vor dem Eisprung. Eine genaue Beschreibung der Kontrolle des Zervixschleims finden Sie hier.

Ovulationstests und Zykluscomputer

ovulationstest
Ein positiver Ovulationstest zeigt den unmittelbar bevorstehenden Eisprung an © clipdealer.de

Hilfreiche zusätzliche Informationen – insbesondere bei etwas unregelmäßigen Zyklen – können Ovulationstests liefern. Sie funktionieren ähnlich wie ein Schwangerschaftstest, nur dass sie statt auf das Schwangerschaftshormon auf den Anstieg des eisprungauslösenden Hormon (LH) reagieren und damit fruchtbare Tage vorhersagen können. Über das Prinzip der Ovulationstests und der oft damit zusammen verwendeten Zykluscomputer informiert Sie unser Theorie-Teil ausführlicher.

Und wenn der Eisprung medikamentös ausgelöst wird?

Dann gilt im Wesentlichen das Gleiche. Nach Gabe einer Spritze zum Auslösen des Eisprung tritt dieser frühestens nach 36 Stunden ein. Hat man also die Spritze gesetzt, ist der beste Zeitpunkt ca. 24 Stunden danach. Bei Inseminationen sind die Spermien naturgemäß schneller am Ort der Befruchtung, so dass hier auch noch ca. 36 Stunden nach Gabe des Medikaments die Voraussetzungen optimal sind.

Literatur   [ + ]

1. Colombo B, Masarotto G.
Daily fecundability: first results from a new data base.
Demogr Res. 2000 Sep 6;3:[39]

Der Beitrag Fruchtbare Tage erkennen: Wann genau ist der fruchtbarste Zeitpunkt? erschien auf Aktuelles zum Thema Kinderwunsch.

Blastozystenkultur ohne zusätzliche Risiken für die Kinder

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schlüpfende Blastozyste Blastozystenkultur

Die sogenannte Blastozystenkultur soll die Chancen auf eine Schwangerschaft bei der künstlichen Befruchtung erhöhen. Wie wirkt sich die verlängerte Kultur der Embryonen auf die Gesundheit der Kinder aus?

Die längere Beobachtung von Embryonen und ihr Transfer in die Gebärmutter erst 5-6 Tage nach der Eizellentnahme hat möglicherweise Vorteile bei IVF und ICSI. In einem anderen Artikel haben wir die möglichen Vorteile des Blastozystentransfers zusammengefasst.

Ist die lange Kultur von Nachteil?

Es steht außer Frage, dass die lange Blastozystenkultur unnatürlich ist. Daraus ergibt sich wiederum die Frage, ob dies negative Auswirkungen haben kann. Schon lange wurde über die Auswirkungen des sogenannten Imprinting spekuliert. Solche epigenetischen Faktoren – hier in anderem Zusammenhang diskutiert – stehen im Verdacht, die Gesundheit der Kinder zu deren Nachteil zu verändern.

Studien sind ja nun dazu gedacht, aus Spekulationen entweder Fakten zu machen oder diese zu widerlegen. Mit einer recht beeindruckenden Zahl an untersuchten Kindern nach künstlicher Befruchtung mit Blastozystenkultur ist einer chinesischen Gruppe von Wissenschaftlern Letzteres gelungen. So gelungen, wie dies in Studien zu medizinischen Fragestellungen halt möglich ist, muss man abschwächend hinzufügen.

16.000 untersuchte Kinder nach Blastozystenkultur

Über einen Zeitraum von 10 Jahren wurden die Schwangerschaftsverläufe nach einer IVF oder ICSI in einer chinesischen Klinik ausgewertet. Es handelt sich dabei um die unfassbare Zahl von 15.254 Schwangerschaften und 16.213 Neugeborenen, die in diesem Zeitraum in dieser einen Kinderwunschklinik entstanden. Eine solche Zahl ist natürlich eine gute Basis für statistisch signifikante Aussagen.

Die Wissenschaftler erfassten angeborene Fehlbildungen, Frühgeburten und das Geburtsgewicht. Und man verglich dabei die Ergebnisse nach einer Blastozystenkultur mit denen nach Transfer in früheren Stadien der Embryonalentwicklung (2-3 Tage nach Punktion). Es fanden sich zwischen diesen beiden Gruppen keine Unterschiede im Hinblick auf die Zahl der

  • Fehlgeburten
  • Eileiterschwangerschaften
  • Totgeburten
  • sehr frühen Frühgeburten (<32 Schwangerschaftswoche)
  • Frühgeburten (<37 Schwangerschaftswoche)
  • Kinder mit geringem Geburtsgewicht
  • Kinder mit Wachstumsrückstand
  • Kinder mit Fehlbildungen

Mehr Jungens

Es fand sich also im Hinblick auf den Verlauf der Schwangerschaft und die Gesundheit der Kinder kein Unterschied nach Blastozystenkultur oder nach Transfer eines Embryos nach 2-3 Tagen. Lediglich der Anteil männlicher Nachkommen war nach einem Blastozystentransfer etwas höher.

Der Beitrag Blastozystenkultur ohne zusätzliche Risiken für die Kinder erschien auf Aktuelles zum Thema Kinderwunsch.

Mehr Risiken bei PCO-Syndrom in der Schwangerschaft nach IVF

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PCO-Syndrom Schwangerschaft

Das PCO-Syndrom steht unter dem Verdacht, einen negativen Einfluss auf den Verlauf einer Schwangerschaft zu haben. Zum Teil ist dies belegbar. So sind Frauen mit einem PCO-Syndrom häufiger von Übergewicht und Insulinresistenz betroffen. Das hat wiederum zur Folge, dass Schwangerschaftsdiabetes und Gestose häufiger auftreten als in der Durchschnittsbevölkerung.

Einfluss des PCO-Syndroms auf die Schwangerschaft unklar

Dennoch ist noch vieles ungeklärt und in eher kleinen Einzelstudien nicht zu belegen oder auszuschließen. Hilfreich sind dann Übersichtsarbeiten, die die Ergebnisse vieler Studien zum Thema zusammenfassen. Für eine aktuelle Untersuchung dieser Art wurden Studien zusammengefasst, die sich mit dem Schwangerschaftsverlauf bei PCO-Syndrom nach IVF beschäftigten1)Shaa T, Wangb X, Chengc W, Yana Y
A meta-analysis of pregnancy-related outcomes and complications in women with polycystic ovary syndrome undergoing in vitro fertilization
Reproductive Biomedicine online DOI: https://doi.org/10.1016/j.rbmo.2019.03.203
. Denn auch wenn bei einer PCO-Patientin oft nur der Eisprung fehlt, ist dennoch nicht selten eine IVF notwendig, weil die einfache Hormonbehandlung nicht funktioniert oder sich zu schwierig gestaltet.

Die Autoren sichteten mehr als 2.100 Studien, von denen jedoch nur 30 eine ausreichend gute Qualität hatten, um die Frage nach dem Einfluss des PCO-Syndroms in der Schwangerschaft nach IVF klären zu können. Wichtig war hier die Vergleichsmöglichkeit mit Frauen ohne PCO-Syndrom als Kontrollgruppe.

Mehr Schwangerschaftskomplikationen nach IVF bei PCO-Syndrom

Für die Untersuchung standen in diesen 30 Studien die Daten von 19.650 mit einem PCO-Syndrom zur Verfügung. Die Kontrollgruppe bestand aus 43.482 Frauen, die aus anderen Gründen eine IVF erhielten. Folgende Komplikationen traten bei Frauen mit einem PCO-Syndrom in der Schwangerschaft häufiger auf:

  • Fehlgeburt (Erhöhung um Faktor 1,7)
  • Eileiterschwangerschaft (Erhöhung um Faktor 2,20)
  • Überstimulation (Erhöhung um Faktor 4,87)
  • Schwangerschaftssdiabetes (Erhöhung um Faktor 2,77)
  • Schwangerschaftsbedingter Bluthochdruck (Erhöhung um Faktor 2,14)
  • Frühgeburtlichkeit (Erhöhung um Faktor 1,67)
  • hohes Geburtsgewicht (Erhöhung um Faktor 2,20).

Fehlbildungen und Mehrlinge traten nicht häufiger auf.

Erhöhte Vorsicht ist anzuraten

Die beiden ersten Punkte auf der Liste schicksalhaft sind und nicht abwendbar. Die anderen Risiken lassen sich jedoch durchaus vermeiden (Überstimulation) oder früh erkennen. Daher ist bei einer Schwangerschaft bei PCO-Syndrom das Augenmerk auf die möglichen Komplikationen zu richten, um gegebenenfalls Gegenmaßnahmen ergreifen zu können.

Die gute Nachricht: Bei den Frauen mit einem PCO-Syndrom waren Schwangerschaftsrate und die Zahl der lebend geborenen Kinder höher.

 

Literatur   [ + ]

1. Shaa T, Wangb X, Chengc W, Yana Y
A meta-analysis of pregnancy-related outcomes and complications in women with polycystic ovary syndrome undergoing in vitro fertilization
Reproductive Biomedicine online DOI: https://doi.org/10.1016/j.rbmo.2019.03.203

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Durch künstliche Befruchtung entstandene Erwachsene sind normal gesund

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Erkrankungsrisiken nach IVF

Kürzlich gab es eine kleine, aber viel beachtete Studie, die Hinweise darauf fand, dass durch IVF und ICSI gezeugte Kinder einen höheren Blutdruck aufweisen könnten als Altersgenossen, die auf normalem Wege gezeugt wurden. Andere Studien belegen dies jedoch nicht.

Noch einmal eine kurze Zusammenfassung der „Blutdruckstudie“: „Eine Forschergruppe aus der Schweiz publizierte im Fachblatt «Journal of the American College of Cardiology» eine Vergleichsstudie, welche die Blutgefäße von nach IVF Geborenen mit einer Kontrollgruppe verglich. Der Blutdruck der IVF-Kinder betrug im Mittel 119/71 mmHg im Vergleich zu 115/69 mmHg bei der Kontrollgruppe normal gezeugter Kinder. Der Unterschied ist gering. Nach Aussage der Forscher jedoch ausreichend, um das Risiko für später auftretende Herz- und Gefäßerkrankungen zu erhöhen.

Nun wurden in dieser Studie Kinder und Jugendliche untersucht. Es ist zwar durchaus erlaubt, ober deren spätere Gesundheit zu spekulieren. Und sei es nur basierend auf einem um 4 mmHg erhöhten Blutdruck bei 8 von 59 Kindern. Besser und vor allem deutlich aufschlussreicher wäre es doch, wenn man bereits erwachsene „IVF-Kinder“ untersuchen könnte. Naturgemäß lässt sich hier besser erkennen, ob sie ein erhöhtes Risiko für bestimmte Erkrankungen im Erwachsenenalter aufweisen.

Erwachsene IVF-Kinder sind gesund

In der Zeitschrift Fertility Sterility wurde dazu nun eine kleine Studie vorab publiziert. Hier wurden 193 Männer und Frauen, die durch eine künstliche Befruchtung entstanden sind auf bestimmte Kreislauferkrankungen hin untersucht. Die Ergebnisse wurden mit  86 gleich alten Probanden verglichen, die auf normalem Wege gezeugt wurden. Die Blutgefäße wiesen keine höhere Anzahl an Auffälligkeiten auf und der Blutdruck… Ja, was war denn nun mit dem Blutdruck?

Bei jungen Männern,die durch eine ICSI gezeugt worden waren, war der Blutdruck sogar niedriger als bei der Vergleichsgruppe. 
Ich meine ja nur…
Zugegeben: Auch ist die Zahl der untersuchten Personen recht überschaubar. Aber immerhin fast 4 mal so groß. Durch künstliche Befruchtung gezeugte Menschen haben etwas häufiger Asthma in der Vorgeschichte. Sie weisen jedoch keine messbaren Unterschiede der Lungenfunktion auf im Vergleich zur Kontrollgruppe.

 

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Blutung in der Schwangerschaft: Hilft Progesteron?

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Blutungen in der Schwangerschaft

Das Gelbkörperhomon unterstützt die Einnistung und erhält dann später auch die Schwangerschaft. Hilft es dann, wenn man bei einer Blutung in der Schwangerschaft Progesteron einnimmt?

Eine Blutung in der Schwangerschaft ist selten ein ein gutes Zeichen. Oft ist sie jedoch ohne Bedeutung, denn eine leichte Blutung ist vor allem in der frühen Schwangerschaft nicht so selten.

Die Behandlung von Blutungen in der Schwangerschaft

Tritt eine Blutung in der Schwangerschaft – vor allem im ersten Drittel – dann wird meist angeraten, sich körperlich zu schonen. Das kann ja nie verkehrt sein. Oft wird sogar zur Bettruhe geraten. Ob es jedoch nützt, ist mehr als umstritten1)Aleman, A., Althabe, F., Belizán, J. M., & Bergel, E. (2005). Bed rest during pregnancy for preventing miscarriage. Cochrane Database of Systematic Reviews, (2) 3)McCall, C. A., Grimes, D. A., & Lyerly, A. D. (2013). “Therapeutic” bed rest in pregnancy: unethical and unsupported by data. Obstetrics & Gynecology121(6), 1305-1308.

Zusätzlich oder auch als alleinige Therapie wird von den Ärzten oft Progesteron verschrieben. Die Idee ist dabei, dass das Gelbkörperhormon als „schwangerschaftserhaltendes“ Hormon dazu beiträgt, die Blutung zu verringern und natürlich auch das Risiko einer Fehlgeburt. Die Idee ist sicherlich nachvollziehbar und die Nebenwirkungen des Progesterons sind überschaubar. Dennoch stellt sich die Frage, ob die Idee auch in Wirklichkeit hilft.

Progesteron bei Blutungen in der Schwangerschaft

Diese Behandlung wurde in zahlreichen Studien untersucht, die in einer Cochrane Übersicht zusammengefasst wurden. In dieser Studie kam man zu dem Schluss, dass Progesteron bei Blutungen in der Schwangerschaft durchaus hilfreich sein kann, Frühgeburten jedoch nicht verhindert werden2)Wahabi, H. A., Fayed, A. A., Esmaeil, S. A., & Bahkali, K. H. (2018). Progestogen for treating threatened miscarriage. Cochrane Database of Systematic Reviews, (8). Der Nachteil der hier aufgenommenen Studien war eine durchgehend niedrige Zahl an untersuchten Patientinnen. Dadurch ergibt sich auch bei einer zusammenfassenden Untersuchung („Metaanalyse“) keine ausreichend gute Aussagekraft.

In den Fachgesellschaften ist die Gabe von Progesteron zur Vermeidung von Fehlgeburten umstritten. In der aktuellen Leitlinie zur Behandlung von Fehlgeburten der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe wird jedoch bei Frauen mit wiederholten Fehlgeburten (ohne nachweisbare Erklärung dafür = idiopatisch) die Gabe von synthetischem Progesteron als möglicherweise sinnvolle Behandlungsoption erwähnt4)Antoniadis, S., Lotz, L., & Cupisti, S. (2018). Diagnostik und Therapie habitueller Aborte–die S2k-Leitlinie 2018 in der Praxis. Frauenheilkunde up2date12(04), 375-388..

Auch wenn Blutungen in der Schwangerschaft ein Zeichen für eine drohende Fehlgeburt sein können, so ist die Behandlung möglicherweise eine andere als bei wiederholten Fehlgeburten, die ja auch durchaus ohne Blutung eintreten können. Die Frage, ob die Einnahme von Progesteron bei Frauen mit einer Blutung in der frühen Schwangerschaft helfen kann, ist bislang noch nicht hinreichend geklärt. Bis jetzt. Denn nun wurde eine groß angelegte Studie im New England Journal of Medicine veröffentlicht, das genau diese Frage behandelt5)Coomarasamy, A., Devall, A. J., Cheed, V., Harb, H., Middleton, L. J., Gallos, I. D., … & Goranitis, I. (2019). A Randomized Trial of Progesterone in Women with Bleeding in Early Pregnancy. New England Journal of Medicine380(19), 1815-1824..

Über 4.000 Frauen: Die PRISM-Studie

In dieser Studie (PRISM steht für „Progesterone in spontaneous miscarriage“) flossen die Daten von 4.153 Frauen ein, bei denen in den ersten 12 Wochen der Schwangerschaft eine Blutung eingetreten war. Bei allen Frauen war im Vorfeld per Ultraschall eine intakte Schwangerschaft festgestellt worden. Die Frauen erhielten alle Vaginalzäpfchen, die bis zur 16. Schwangerschaftswoche zweimal täglich eingenommen wurden.

Bei der Hälfte der Frauen enthielten diese Zäpfchen Progesteron (natürliches, „mikronisiertes“) und bei der Kontrollgruppe enthielten die Zäpfchen keinen Wirkstoff.

Die Ergebnisse der Studie waren eher ernüchternd. Erhielten die Frauen Progesteron, dann wurde in 75% der Fälle ein lebendes Kind zur Welt gebracht (1.513 von 2.025) verglichen mit 72% bei den Frauen, die nur Placebo erhielten (1.459 von 2.013). Sieht man diese absoluten Zahlen aller Frauen, die wegen vaginaler Blutungen behandelt wurden, dann ergibt sich hier kein signifikanter Unterschied. Mit anderen Worten: Progesteron bei Blutungen in der Schwangerschaft ist nicht wirksam.

Bei Fehlgeburten in der Vorgeschichte wohl doch hilfreich

Diese Aussage ist aber zu undifferenziert, so die Autoren der Studie. Zumindest wenn man bestimmte Untergruppen genauer anschaut, wie beispielsweise Frauen mit wiederholten Fehlgeburten. 285  Frauen hatten 3 oder mehr Fehlgeburten in ihre Vorgeschichte und erlitten. Davon bekamen 137 Gelbkörperhormone und 72% davon (98) brachten ein lebendes Kind zur Welt. In der Placebogruppe lag diese Zahl mit 57% (85) deutlich niedriger. Statistisch ist dieser Unterschied signifikant.

Zusammenfassung

Natürlich bestehen auch nach einer solchen Studie immer noch Unklarheiten und Fragen bleiben unbeantwortet. Aber die Ergebnisse der Studie und des eingangs Geschriebenen kann man so zusammenfassen:

  • Die Gabe von (synthetischem) Progesteron ist bei Frauen mit wiederholten Fehlgeburten hilfreich
  • Die Gabe von (natürlichem) Progesteron ist bei Frauen mit einer Blutung und wiederholten Fehlgeburten in der Vorgeschichte ebenfalls hilfreich
  • Es loht sich hingegen nicht generell, Progesteron zu geben bei einer Blutung in der Schwangerschaft, wenn die betroffene Frau bislang keine Fehlgeburten hatte.

Vorschaubild: © clipdealer.com

Literatur   [ + ]

1. Aleman, A., Althabe, F., Belizán, J. M., & Bergel, E. (2005). Bed rest during pregnancy for preventing miscarriage. Cochrane Database of Systematic Reviews, (2)
2. Wahabi, H. A., Fayed, A. A., Esmaeil, S. A., & Bahkali, K. H. (2018). Progestogen for treating threatened miscarriage. Cochrane Database of Systematic Reviews, (8
3. McCall, C. A., Grimes, D. A., & Lyerly, A. D. (2013). “Therapeutic” bed rest in pregnancy: unethical and unsupported by data. Obstetrics & Gynecology121(6), 1305-1308
4. Antoniadis, S., Lotz, L., & Cupisti, S. (2018). Diagnostik und Therapie habitueller Aborte–die S2k-Leitlinie 2018 in der Praxis. Frauenheilkunde up2date12(04), 375-388.
5. Coomarasamy, A., Devall, A. J., Cheed, V., Harb, H., Middleton, L. J., Gallos, I. D., … & Goranitis, I. (2019). A Randomized Trial of Progesterone in Women with Bleeding in Early Pregnancy. New England Journal of Medicine380(19), 1815-1824.

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Follikel spülen bei IVF: bekommt man dadurch mehr Eizellen?

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Die Follikel zu spülen (Flushing) soll zu einer besseren Ausbeute an Eizellen führen. Bei der Entnahme von Eizellen für eine künstliche Befruchtung saugt man die Flüssigkeit unter Ultraschallkontrolle aus den Follikeln ab. Ist tatsächlich hilfreich, die Eibläschen dann mehrfach mit Flüssigkeit durchzuspülen, um die Eizellen zu finden?

In unserem Kinderwunsch-Forum hatten wir kürzlich eine Frage, wo es unter anderem auch darum ging, ob Follikel spülen hilfreich ist, zum Beispiel wenn nur wenige Eibläschen vorhanden sind und man sicher sein möchte, die Eizellen auch wirklich herauszubekommen bei der Punktion.

Wie werden die Eizellen  aus den Eibläschen eigentlich entnommen?

Ausführlich wird dies in unseren Theorie-Seiten zur IVF gezeigt. Die Eizellentnahme (Punktion) wird durch die Scheide durchgeführt. Unter Ultraschallkontrolle sticht man dann in die Eibläschen und saugt die darin enthaltene Flüssigkeit ab. Üblicherweise kommt dabei dann auch meist die Eizelle gleich mit. In seltenen Fällen löst sich die Eizelle nicht aus dem Eibläschen und geht dadurch verloren.

Flushing, Follikel spülen IVF Punktion Eizellentnahme
Die Entnahme der Eizellen erfolgt durch die Scheide © Ferring

Die Idee hinter dem Follikel spülen ist, dass man nicht nur einmal in die Eibläschen hineinsticht und die Flüssigkeit absaugt, sondern den Follikel danach noch mehrfach mit Flüssigkeit spült, um die Eizelle sicher gewinnen zu können. Man hofft, dadurch keine Eizellen zu verlieren.

Studien: Mehr Eizellen durch Follikel spülen?

Wie es oft so ist mit den guten Ideen: Sie müssen sich auch in der Praxis beweisen. Meine persönliche Erfahrung kann ich dazu vielleicht auch kurz schildern. In der Uniklinik haben wir damals bei jeder Punktion die Follikel so lange gespült, bis die Eizelle unter dem Mikroskop gefunden wurde. Als ich dann in der Praxis sah, dass die Punktion hier ohne Follikel spülen durchgeführt wurde, machte mich das regelrecht nervös. Ich fürchtete um die Eizellausbeute. Inzwischen ist meine Erfahrung die: Reife, also brauchbare Eizellen bekommt man in den meisten Fällen problemlos ohne Spülung. Und offenbar hat man durch die Spülerei noch ein paar unreife Eizellen zusätzlich. Nun ja, das ist eine persönliche Einschätzung und ich verstehe, wen man lieber konkretere Fakten dazu hätte. Hier sind sie:

Die Antwort gleich vorweg: Die Erwartungen werden nicht erfüllt. In einer Cochrane Analyse wurden die Ergebnisse von Studien zusammengetragen, die sich mit dem Thema beschäftigten1)Wongtra‐ngan, S., Vutyavanich, T., & Brown, J. (2010). Follicular flushing during oocyte retrieval in assisted reproductive techniques. Cochrane Database of Systematic Reviews, (9).. Den strengen Kriterien der Cochrane Datenbank genügten nur 10 Studien mit insgesamt 928 Frauen. Es handelte sich also durchgehend um Studien, in denen der Ausgang der Behandlung mit und ohne Follikel spülen verglichen wurde (kontrollierte Studien.

  • Die Zahl lebend geborener Kinder wurde durch das Spülen der Follikel nicht erhöht.
  • Klinischer Schwangerschaften waren mit oder ohne Follikelspülung gleich häufig.
  • Mehr Eizellen wurden durch eine Spülung nicht gewonnen.
  • Die Zahl der Embryonen war mit und ohne Spülung gleich.
  • Die Punktion dauerte durch Follikel spülen länger.
  • Risiken und Nebenwirkungen unterschieden sich nicht in den beiden Gruppen.

Die Autoren bedauern, dass zu wenige Studien über die Zahl lebend geborener Kinder berichtet, da dies ja das Ziel einer jeden künstlichen Befruchtung ist.

Aktuell gibt es keinen Beleg dafür, dass das Spülen der Follikel einen Vorteil gegenüber der einmaligen Punktion des Follikels hat.

Und wie ist es mit dem Flushing bei wenigen Follikeln?

Diese Frage ist bislang noch nicht geklärt worden. Hilft es die Follikel zu spülen, wenn nur wenige Follikel vorhanden und wenige Eizelle erwartet werden? Hier ist die Datenlage weniger klar, wenngleich die Tendenz auch eher gegen das Flushing spricht. in einer kleinen kontrollieren Studie (100 Patienten)2)Levens, E. D., Whitcomb, B. W., Payson, M. D., & Larsen, F. W. (2009). Ovarian follicular flushing among low-responding patients undergoing assisted reproductive technology. Fertility and sterility91(4), 1381-1384. war das Spülen sogar nachteilig. Andere Studien fanden zumindest keinen Vorteil3)Levens, E. D., Whitcomb, B. W., Payson, M. D., & Larsen, F. W. (2009). Ovarian follicular flushing among low-responding patients undergoing assisted reproductive technology. Fertility and sterility91(4), 1381-1384..

Bei Frauen mit einem schlechten Ansprechen auf eine hormonelle Stimulation (low responder) bringt das Flushing also eher nichts. Es sollte aber nicht unerwähnt bleiben, dass bei Punktionen mit minimaler Stimulation4)Lozano, D. H., Fanchin, R., Chevalier, N., Feyereisen, E., Hesters, L., Frydman, N., & Frydman, R. (2006). Optimising the semi natural cycle IVF: the importance of follicular flushing. Journal of the Indian Medical Association104(8), 423-427. oder im natürlichen Zyklus5)Lozano, D. H. M., Scheffer, J. B., Frydman, N., Fay, S., Fanchin, R., & Frydman, R. (2008). Optimal reproductive competence of oocytes retrieved through follicular flushing in minimal stimulation IVF. Reproductive biomedicine online16(1), 119-123. die Schwangerschaftsraten sogar besser sein könnten.

Dennoch wird man zusammenfassend zu dem Schluss kommen müssen, dass das Flushing, also Follikel spülen die Chancen auf eine Schwangerschaft nicht (generell) erhöht, auch wenn nur wenige Follikel vorhanden sind.

Literatur   [ + ]

1. Wongtra‐ngan, S., Vutyavanich, T., & Brown, J. (2010). Follicular flushing during oocyte retrieval in assisted reproductive techniques. Cochrane Database of Systematic Reviews, (9).
2, 3. Levens, E. D., Whitcomb, B. W., Payson, M. D., & Larsen, F. W. (2009). Ovarian follicular flushing among low-responding patients undergoing assisted reproductive technology. Fertility and sterility91(4), 1381-1384.
4. Lozano, D. H., Fanchin, R., Chevalier, N., Feyereisen, E., Hesters, L., Frydman, N., & Frydman, R. (2006). Optimising the semi natural cycle IVF: the importance of follicular flushing. Journal of the Indian Medical Association104(8), 423-427.
5. Lozano, D. H. M., Scheffer, J. B., Frydman, N., Fay, S., Fanchin, R., & Frydman, R. (2008). Optimal reproductive competence of oocytes retrieved through follicular flushing in minimal stimulation IVF. Reproductive biomedicine online16(1), 119-123.

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Stress und künstliche Befruchtung: Die Sache mit dem Entspannen…

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Stress und künstliche Befruchtung

Wer schwanger werden möchte MUSS sich entspannen! Passen Stress und künstliche Befruchtung wirklich nicht zusammen? Doch, besser als befürchtet.

Dieser Artikel aus dem letzten Jahr wurde nun ergänzt durch zwei aktuelle Studien (s. u.)

Der Tipp, man möge sich doch mal entspannen (gefälligst!!!) ist schnell zu Hand, wenn es um den Umgang mit unerfülltem Kinderwunsch geht. Es mag ja sein, dass ein gewisses Maß an Entspanntheit durchaus hilfreich ist, wenn man auf normalem Wege eine Schwangerschaft anstrebt. Nicht, weil es dann schneller klappt, aber weil es mehr Spaß macht.

Alle sagen einem, man müsse sich entspannen

Aber nicht nur auf zahlreichen Internetseiten findet sich der Ratschlag zum Entspannen, Loslassen und inneren Gleichgewicht, sondern auch zahlreiche Ärztinnen und Ärzte empfehlen es. Nicht zu vergessen, die vielen Berater/innen, die ihre Dienstleistungen anbieten. Nicht, dass ich falsch verstanden werde: Sicher ist es hilfreich – für sich und den Partner – während einer Kinderwunschbehandlung entspannt zu sein. Aber hängt der Erfolg der Therapie davon ab, wie so oft behauptet wird? Sind Stress und künstliche Befruchtung wirklich nicht vereinbar?

Wenn es alle sagen, dann muss es ja auch stimmen. Nun, man sagte irgendwann auch, dass sich die Sonne um die Erde dreht, was also sagt die Wissenschaft dazu?

Stress und künstliche Befruchtung: Was sagt die Wissenschaft?

Zunächst einmal die schlechte Nachricht: IVF ist Stress. Der Versuch, Stress bei einer IVF zu mindern, kann gelingen, aber die Vermeidung ist spätestens in der Wartezeit auf den Schwangerschaftstest nicht mehr möglich. Zu welchen wissenschaftlichen Erkenntnissen ist man bei diesem Thema gekommen? Welchen Einfluss hat Stress auf den Ausgang einer IVF?

Eine sehr ausführliche Antwort dazu gab es ja bereits vor einigen Jahren (2011)1)Boivin J ,Griffiths E, Venetis CA
Emotional distress in infertile women and failure of assisted reproductive technologies: meta-analysis of prospective psychosocial studies.
BMJ 2011; 342:d223 doi: 10.1136/bmj.d223
, die hier bereits ausführlich erläutert wurden.

Ende 2018 wurde erneut eine Übersicht zu Studien (Metaanalyse) veröffentlicht, die den Einfluss von Stress auf die Ergebnisse einer künstlichen Befruchtung untersuchten. Schön auch der Titel der Arbeit:“Just relax and you’ll get pregnant?2)Nicoloro-SantaBarbara J, Busso C, Moyer A, Lobel M
Just relax and you’ll get pregnant? Meta-analysis examining women’s emotional distress and the outcome of assisted reproductive technology.
Soc Sci Med. 2018 Sep;213:54-62.
, der zeigt, dass Entspannung auch im englischsprachigen Raum ein häufiges Thema ist.

Stresslevel vor und während der IVF

Die Wissenschaftler fanden insgesamt 20 prospektive Studien, in denen die Stressbelastung vor und während der Therapie erfasst wurde sowie der Einfluss dieser Parameter auf den Ausgang der Kinderwunschbehandlung. 20 Studien fanden Eingang in die Untersuchung mit den Daten von mehr als 4.300 Frauen. Ängste, depressive Verstimmungen und Stress vor und während der künstlichen Befruchtung hatte keinen wesentlichen Einfluss auf den Verlauf der Behandlung der das Ergebnis.

Kinderwunsch und Psyche - Entspannung
Nein, man kann sich natürlich gerne entspannen, aber man muss es nicht, um schwanger zu werden © clipdealer.com

Kein Einfluss von Stress auf die Erfolgsraten

Die Autoren kommen nach Auswertung der vorliegenden Studien zum Schluss, dass Zweifel an dem Glauben berechtigt sind, Entspannung sei notwendig, um schwanger zu werden. Die Ergebnisse sind den Wissenschaftlern zufolge wichtig für die behandelten Frauen, nehmen sie ihnen doch die Befürchtung, durch mangelnde Entspannung selbst an einem negativen Ausgang einer Behandlung schuld zu sein.

Marci Lobel, leitende Autorin der Studie, weist darauf hin, dass die Unfähigkeit, einfach so schwanger zu werden, zu dem Gefühl führen kann, anders zu sein, defekt und nicht im Gleichklang mit ihrem sozialen Umfeld. Das wiederum führt oft zu Einsamkeit, Depression oder Ängstlichkeit. „Das Gefühl zu haben, dass dieser emotionale Stress Misserfolgen bei der Behandlung führt, verstärkt die Belastung zusätzlich„.

Und das ganz offenbar zu unrecht.

Und was ist mit den Stresshormonen?

Diese Studien sind Ergebnisse von Befragungen mit speziellen Fragebögen, die die subjektive Stressbelastung abfragen. Natürlich unterliegt diese Beurteilung sehr der persönlichen Einschätzung. Daher scheint es eine gute Idee zu sein, auch objektivere Faktoren mit einzubeziehen. Und da steht das Cortisol für das Stresshormon schlechthin. Wissenschaftler aus Israel führten daher bei 72 Frauen neben den Befragungen mit standardisierten Fragebögen auch Bestimmungen des Cortisols aus dem Speichel durch, um damit die Stressbelastung zusätzlich zu erfassen3)Miller, N., Herzberger, E. H., Pasternak, Y., Klement, A. H., Shavit, T., Yaniv, R. T., … & Shulman, A. (2019). Does Stress Affect IVF outcomes? A Prospective Study Assessing Cortisol Levels and Stress Questionnaires for Women Undergoing Through IVF Treatments. Reproductive BioMedicine Online..

Das Cortisol wurde zu folgenden Zeitpunkten bestimmt:

  • Vor der Behandlung (also als Basiswert)
  • Zum Zeitpunkt der Entnahme der Eizellen
  • Am Tage des Transfers der Embryonen in die Gebärmutter

Am höchsten waren die Werte am Tag der Eizellentnahme. Hier war der Cortisolwert im Speichel um 28% höher als vor der Behandlung. Danach fielen die Werte wieder ab. Bei Frauen in der ersten IVF-Behandlung stiegen die Werten vor dem Embryotransfer noch ein wenig mehr an als bei Frauen, die schon eine Behandlung hinter sich gebracht hatten.

Das ist nun ganz interessant, aber nicht wirklich überraschend. Das konnte man sich auch ohne Studie bereits denken. Interessant ist jedoch die Feststellung, dass zwischen der Höhe des Cortisolspiegels und dem Erfolg der Behandlung kein Zusammenhang herzustellen war. Mit anderen Worten: Auch der durch die Messung des Cortisols bestimmte Stress hatte keinen Einfluss auf die Schwangerschaftsrate.

Wer nun meint, 72 Patienten sind ja nicht sehr viele, hat recht, auch wenn die Ergebnisse statistisch signifikant waren. Da wäre aber noch die Studie mit ähnlichem Design (Fragebogen und Cortisolbestimmung aus dem Speichel) und 485 Patienten. Und dem gleichen Ergebnis4)Cesta, C. E., Johansson, A. L., Hreinsson, J., Rodriguez‐Wallberg, K. A., Olofsson, J. I., Holte, J., … & Nyman Iliadou, A. (2018). A prospective investigation of perceived stress, infertility‐related stress, and cortisol levels in women undergoing in vitro fertilization: influence on embryo quality and clinical pregnancy rate. Acta obstetricia et gynecologica Scandinavica97(3), 258-268..

Zusammenfassung

Es ist schwierig, das genaue Ausmaß von Stress zu beurteilen. Aber mit standardisierten Fragebögen ist es durchaus möglich. Ebenso mit der Bestimmung des Stresshormons Cortisol.

In einer Vielzahl von Studien, die sich dieser Hilfsmittel bedient haben, konnte zuverlässig nachgewiesen werden, dass Stress keinen Einfluss auf den Ausgang einer Kinderwunschbehandlung (untersucht wurden meist IVF und ICSI) hat.

Literatur   [ + ]

1. Boivin J ,Griffiths E, Venetis CA
Emotional distress in infertile women and failure of assisted reproductive technologies: meta-analysis of prospective psychosocial studies.
BMJ 2011; 342:d223 doi: 10.1136/bmj.d223
2. Nicoloro-SantaBarbara J, Busso C, Moyer A, Lobel M
Just relax and you’ll get pregnant? Meta-analysis examining women’s emotional distress and the outcome of assisted reproductive technology.
Soc Sci Med. 2018 Sep;213:54-62.
3. Miller, N., Herzberger, E. H., Pasternak, Y., Klement, A. H., Shavit, T., Yaniv, R. T., … & Shulman, A. (2019). Does Stress Affect IVF outcomes? A Prospective Study Assessing Cortisol Levels and Stress Questionnaires for Women Undergoing Through IVF Treatments. Reproductive BioMedicine Online.
4. Cesta, C. E., Johansson, A. L., Hreinsson, J., Rodriguez‐Wallberg, K. A., Olofsson, J. I., Holte, J., … & Nyman Iliadou, A. (2018). A prospective investigation of perceived stress, infertility‐related stress, and cortisol levels in women undergoing in vitro fertilization: influence on embryo quality and clinical pregnancy rate. Acta obstetricia et gynecologica Scandinavica97(3), 258-268.

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Kaffee und IVF: Kein Problem?

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Kaffee und Fruchtbarkeit

Ob Kaffee und Tee einen negativen Einfluss auf die Fruchtbarkeit haben, ist umstritten. Es gibt aber Studien, die zu diesem Ergebnis kommen. Wer sich umfassend zu diesem Thema informieren möchte, sei auf unseren Übersichtsartikel „Einfluss des Kaffees auf die Fruchtbarkeit“ verwiesen.

In diesem Artikel gibt es eine Rubrik über den Einfluss des Coffeins auf den Ausgang einer künstlichen Befruchtung. Es zeichnete sich dort bereits ab, dass die Erfolgsraten bei IVF und ICSI unter dem Konsum von Kaffee nicht oder nur geringfügig zu leiden scheinen. Eine aktuelle Studie bestätigt diese Tendenz.

IVF und Kaffeekonsum

Eine schwedische Arbeitsgruppe untersuchte den Einfluss des Kaffees auf den Ausgang verschiedener Kinderwunschbehandlungen. Von der künstlichen Befruchtung (2870 Zyklen) über Kryotransfer (1355 Zyklen) bis hin zu Insemination (1511 Zyklen) erfasste man den Kaffeekonsum von 1.708 Paaren1)Lyngsø, J., Kesmodel, U. S., Bay, B., Ingerslev, H. J., Andersen, A. M. N., & Ramlau-Hansen, C. H. (2019). Impact of female daily coffee consumption on successful fertility treatment: a Danish cohort study. Fertility and sterility..

Bei IVF und ICSI fand sich kein Zusammenhang  zwischen der konsumierten Kaffeemenge und der Schwangerschaftsrate und Zahl der lebend geborenen Kinder.

Insemination und Kaffeekonsum

Interessant sind die Beobachtungen bei den Paaren, die sich nur einer Inseminationstherapie unterzogen. Hier war die Wahrscheinlichkeit für eine Schwangerschaft bei den Frauen, die 1-5 Tassen Kaffee täglich zu sich nahmen, als bei den Frauen, die diesbezüglich abstinent lebten. Bei einer Inseminationsbehandlung verbessert Kaffee die Schwangerschaftsrate, so das Ergebnis der Studie.

Kein Verzicht auf Kaffee notwendig?

Während die Aussagen bei der künstlichen Befruchtung die bereits in unserem Übersichtsartikel aufgeführten Schlussfolgerungen bestätigten, sind die Ergebnisse bei der Insemination doch überraschend. Und es ist sicherlich auch unseriös, nur anhand einer Studie alle bislang gültigen Ratschläge gleich über den Haufen zu werfen. Aber es bestätigt die Tendenz vieler Studienergebnisse der letzten Jahre, die Coffein weniger problematisch sehen als das noch vor einiger Zeit der Fall war.

Literatur   [ + ]

1. Lyngsø, J., Kesmodel, U. S., Bay, B., Ingerslev, H. J., Andersen, A. M. N., & Ramlau-Hansen, C. H. (2019). Impact of female daily coffee consumption on successful fertility treatment: a Danish cohort study. Fertility and sterility.

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Wie wichtig ist die Morphologie der Spermien bei der Insemination?

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intrauterine Insemination

Im Rahmen eines Spermiogramms werden im Wesentlichen drei Parameter untersucht: Die Zahl, die Beweglichkeit und das Aussehen – also die Morphologie der Spermien. Es ist bekannt, dass die Beweglichkeit und die Zahl der Samenfäden für den Erfolg einer Inseminationstherapie von großer Bedeutung sind. Wie wichtig ist jedoch die Morphologie?

Zahl beweglicher Spermien nach Aufbereitung am wichtigsten

Es gibt zahlreiche Studien, die belegen, dass die Zahl vorwärtsbeweglicher Spermien nach Aufbereitung zur Insemination der wichtigste Parameter ist. In einer sehr umfangreichen Studie1)Tan O, Ha T, Carr BR, Nakonezny P, Doody KM, Doody KJ
Predictive value of postwashed total progressively motile sperm count using CASA estimates in 6871 non-donor intrauterine insemination cycles.
J Assist Reprod Genet. 2014 Sep;31(9):1147-53. doi: 10.1007/s10815-014-0306-0. Epub 2014 Aug 10.
suchte man in über 6000 Zyklen nach den Parametern, die den Ausgang einer Inseminationstherapie wesentlich beeinflussen. Letztlich kann nur die Zahl progressiv beweglicher (vorwärtsbeweglicher) Spermien nach Aufbereitung den Ausgang einer Inseminationstherapie vorhersagen. In der Graphik aus der Studie lässt sich dieser Zusammenhang gut erkennen:

Spermienzahl und Insemination - Morphologie der Spermien

Die Schwangerschaftsraten in dieser Studie sind recht hoch, aber die Grafik zeigt die gleiche Tendenz wie bei anderen Studien mit gleicher Fragestellung: Ab 5 Millionen Spermien tritt eine „Sättigung“ ein und die Erfolgsraten steigen nicht mehr.

Morphologie der Spermien ohne Einfluss auf die Erfolgsrate

Es besteht also ein direkter Zusammenhang zwischen der Konzentration der beweglichen Spermien und der Schwangerschaftswahrscheinlichkeit nach einer Insemination. Das gilt jedoch nicht für die Morphologie der Spermien. Bei den Normwerten eines Spermiogramms gemäß der Richtlinien der WHO reicht es, wenn lediglich 4 Prozent der Samenfäden eine normale Form aufweisen. Anders herum formuliert: 96 Prozent der Spermien dürfen von der Norm abweichen und es spielt keine Rolle. Da stellt sich doch die Frage, ob die Morphologie der Spermien überhaupt eine Bedeutung hat.

Bei der Insemination wohl eher nicht, so das Ergebnis einer Übersichtsarbeit aus dem Jahre 20172)Kohn TP, Kohn JR, Ramasamy R
Effect of Sperm Morphology on Pregnancy Success via Intrauterine Insemination: A Systematic Review and Meta-Analysis.
J Urol. 2017 Nov 9. pii: S0022-5347(17)77882-2. doi: 10.1016/j.juro.2017.11.045
, in die die Ergebnisse von zwanzig Beobachtungsstudien mit insgesamt 41.000 Behandlungszyklen einflossen. In allen Studien standen nach der Aufbereitung des Ejakulats 10 Millionen Spermien oder mehr zur Verfügung.

Bei Männern, deren Spermien vier oder mehr Prozent normal geformte Spermien aufwiesen, lag in diesen Studien die Schwangerschaftsrate bei 14,2%. Lag die Morphologie der Spermien unter vier Prozent, dann trat in 12,1% der Behandlungen eine Schwangerschaft ein. Erstaunlicherweise war die Erfolgsrate auch bei Befunden unter einem Prozent unverändert, lag sogar etwas höher bei 14%.

Im Jahr 2019 wurde eine weitere Studie zu diesem Thema publiziert3)Patel, P., Carrasquillo, R., Madhusoodanan, V., Dadoun, S., Patel, A., Smith, N., … & Ramasamy, R. (2019). Impact of abnormal sperm morphology on live birth rates following intrauterine insemination. The Journal of urology, 10-1097.. Sie enthielten die Ergebnisse von fast 1000 Behandlungszyklen. Und auch hier waren die Schwangerschaftsraten (klinische Schwangerschaft) ähnlich wie in der Studie von 2017 (12,3% gegenüber 13,6% bei den Männern mit einer normalen Spermienmorphologie). Und auch beim Verlauf der eingetretenen Schwangerschaften fanden sich keine Unterschiede. Die Zahl lebend geborener Kinder und die Fehlgeburtenraten waren annähernd identisch.

Zusammenfassung

Die Morphologie der Spermien hat keinen Einfluss auf den Therapieerfolg bei Inseminationen. Zahl und Beweglichkeit sind hingegen von großer Bedeutung.

 

 

Literatur   [ + ]

1. Tan O, Ha T, Carr BR, Nakonezny P, Doody KM, Doody KJ
Predictive value of postwashed total progressively motile sperm count using CASA estimates in 6871 non-donor intrauterine insemination cycles.
J Assist Reprod Genet. 2014 Sep;31(9):1147-53. doi: 10.1007/s10815-014-0306-0. Epub 2014 Aug 10.
2. Kohn TP, Kohn JR, Ramasamy R
Effect of Sperm Morphology on Pregnancy Success via Intrauterine Insemination: A Systematic Review and Meta-Analysis.
J Urol. 2017 Nov 9. pii: S0022-5347(17)77882-2. doi: 10.1016/j.juro.2017.11.045
3. Patel, P., Carrasquillo, R., Madhusoodanan, V., Dadoun, S., Patel, A., Smith, N., … & Ramasamy, R. (2019). Impact of abnormal sperm morphology on live birth rates following intrauterine insemination. The Journal of urology, 10-1097.

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PID: Mehr Schwangerschaftsrisiken nach genetischer Untersuchung der Embryonen?

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Präimplantationsdiagnostik PID

Nach einer genetischen Untersuchung von Embryonen im Reaganzglas (Präimplantationsdiagnostik) scheinen Schwangerschaftskomplikationen häufiger vorzukommen.

In ausgewählten Fällen ist die genetische Untersuchung von Embryonen im Reagenzglas ja nun auch in Deutschland bereits erlaubt. Vor allem dient diese Diagnostik vor der Einnistung (Präimplantation) der Vermeidung schwerer Erbkrankheiten, die mit dem Überleben des geborenen Kindes nicht vereinbar ist oder wenn absehbar dadurch Fehlgeburten ausgelöst werden.

Das Prinzip der PID (Präimplantationsdiagnostik) ist vom Prinzip her recht simpel. Man entnimmt einem reifen Embryo (Blastozyste) ein Paar Zellen seiner äußeren Hülle (Trophektoderm). Das Ganze nennt sich dann „Trophektodermbiopsie“.Blastozyste Trophoblast Embryoblast

Auf dem Bild sieht man eine Blastozyste und hier ist die äußere Hülle mit „Zona pellucida“ beschriftet. Das ist der Name für die Eizellhülle. Direkt darunter findet sich der Trophoblast, dessen äußere Zellen das sogenannte Trophektoderm bilden (= „äußere Haut des Trophoblasten“). Hier kann man mit einer entsprechenden Pipette nach Eröffnung der Zona pellucida Zellen entnehmen. Dabei handelt es sich dann um Zellen des Embryos an denen sich dann Erbkrankheiten ausschließen lassen oder ggf. auch bestätigen.

Da das nun auch in Deutschland erlaubt ist, interessiert nun auch hierzulande, ob sich daraus Risiken für die Schwangerschaft und die Kinder ergeben.

Mehr Schwangerschaftskomplikationen?

Eine Gruppe Wissenschaftler aus den USA beobachtete den Verlauf der Schwangerschaften von 177 Frauen nach einer PID durch Trophektodermbiopsie und verglichen diese mit dem Schwangerschaftsverlauf von 180 Frauen nach einer IVF ohne PID1)Zhang, W. Y., von Versen-Höynck, F., Kapphahn, K. I., Fleischmann, R. R., Zhao, Q., & Baker, V. L. (2019). Maternal and neonatal outcomes associated with trophectoderm biopsy. Fertility and Sterility.. Eine der häufigsten Komplikationen in der Schwangerschaft ist die „Schwangerschaftsvergiftung“, also die Präeklampsie. Diese Erkrankung betraf mehr als jede zehnte Schwangerschaft nach einer Embryonenbiopsie (10,4%) und nur 4,1%, wenn keine PID durchgeführt wurde. Soweit die schlechten Nachrichten.

Und nun zu den guten Nachrichten. Es fanden sich keine Unterschiede bei folgenden Ereignissen:

  • Gestationsdiabetes (Schwangerschaftszucker)
  • Vorzeitiger Blasensprung
  • Blutungen nach der Geburt
  • Frühgeburt
  • Niedriges Geburtsgewicht
  • Fehlbildungen der Kinder
  • frühkindliche Erkrankungen.

Dennoch kommen die Autoren der Studie zu dem Schluss, dass wegen des um das Dreifache erhöhten Präeklampsierisikos weitere UNtersuchungen zu den Ursachen notwendig sind.

 

Literatur   [ + ]

1. Zhang, W. Y., von Versen-Höynck, F., Kapphahn, K. I., Fleischmann, R. R., Zhao, Q., & Baker, V. L. (2019). Maternal and neonatal outcomes associated with trophectoderm biopsy. Fertility and Sterility.

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Führt die Entfernung der Eileiter auch zu weniger Eizellen?

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eileiter hydrosalpinx sactosalpinx Saktosalpinx

Die Eierstöcke und die Eileiter teilen sich einen Teil der Blutversorgung. Wenn man einen oder gar beide Eileiter entfernt, kommt es dann zu einer Mangelversorgung der Eierstöcke und weniger Eizellen?

Die Eileiter dienen den Transport von Spermien und Eizellen. In ihnen findet auch die Befruchtung statt, wenn Spermien und Eizellen aufeinander treffen. Es gibt jedoch Situationen, bei denen eine Entfernung der oder des Eileiters notwendig ist. Das ist zum Beispiel bei einer Eileiterschwangerschaft oft der Fall und ebenso bei verschlossenen und wassergefüllten Eileitern (Hydrosalpinx). Bei letzteren wird oft zur Entfernung vor einer IVF geraten, um die Einnistung zu verbessern.

Mögliche Nachteile einer Entfernung eines Eileiters

Bei einer Eileiterschwangerschaft besteht eine Notfallsituation und die Entfernung ist dann oft nicht vermeidbar. Bei der Hydrosalpinx stellt sich jedoch die Frage, ob man mit der Entfernung des Eileiters nicht möglicherweise auch Schaden anrichtet, der den möglichen Nutzen überwiegt. Der Grund für die Befürchtung ist die gemeinsame Blutversorgung von Eileiter und Eierstock. Entfernt man den Eileiter, dann kann dies theoretisch zu einer schlechteren Blutversorgung des Eierstocks führen. Und man befürchtet, dass diese Minderversorgung in der Folge zu einer schlechteren Funktion der Eierstöcke führt.

Die Funktion der Eierstöcke besteht in der Produktion der Eizellen, weshalb es dann theoretisch zu einer geringeren Ausbeute an Eizellen kommt, wenn man Hormone gibt, um für IVF oder ICSI ausreichend befruchtungsfähige Eizellen zu gewinnen.

Studie: Seitenvergleich bei einer Patientin

Das ist die Theorie, die in Einzelbeobachtungen auch gelegentlich bestätigt werden kann. Verschlechtert sich die Zahl der Eizellen aber tatsächlich generell nach einer solchen Operation? Eine Gruppe französischer Forscher widerlegt diese Theorie1)Gay, C., Jeanne, P., Courbiere, B., Bretelle, F., & Agostini, A. (2019). Impact of salpingectomy for ectopic pregnancy on the ovarian response during IVF Stimulation. Journal of Gynecology Obstetrics and Human Reproduction.. Sie untersuchten bei 55 Frauen, denen jeweils in der Vorgeschichte ein Eileiter entfernt wurde, die Reaktion der Eierstöcke auf die hormonelle Stimulation.

Sie fanden keinen Unterschied in der Aktivität der Eierstöcke. Sie war Die Zahl der Follikel war gleich, unabhängig davon, ob der Eileiter noch vorhanden oder auf der Seite entfernt worden war.

Studie: Vergleich von Frauen nach OP mit Kontrollgruppe

Bei der ersten Studie verglich man also die Aktivität der Eierstöcke auf der operierten mit der nicht operierten Seite. Sind vielleicht mehr Unterschiede erkennbar, wenn man die Aktivität von Frauen, die an den Eileitern operiert wurden mit anderen vergleicht, die eine solche Operation nicht hatten?

Eine „Metaanalyse“ fasste die Ergebnisse mehrerer Studien zusammen2)Yoon, S. H., Lee, J. Y., Kim, S. N., Chung, H. W., Park, S. Y., & Lee, C. (2016). Does salpingectomy have a deleterious impact on ovarian response in in vitro fertilization cycles?. Fertility and sterility106(5), 1083-1092.. Die Daten von 1.482 Patientinnen  wurden erfasst, wovon 657 ein Eileiter fehlte und 825 nicht operiert waren. Auch hier fand sich bei der Stimulation für eine künstlichen Befruchtung kein Unterschied in der Zahl der Eizellen.

Eine weitere Übersichtsarbeit fasste die Zahlen von 48 Artikeln zusammen3)Kotlyar, A., Gingold, J., Shue, S., & Falcone, T. (2017). The effect of salpingectomy on ovarian function. Journal of minimally invasive gynecology24(4), 563-578. und kam auch zu dem Ergebnis, dass es keinen Einfluss auf die Funktion der Eierstöcke hat, wenn der Eileiter entfernt wird.

Insgesamt also beruhigende Ergebnisse für Frauen, denen ein Eileiter – aus welchen Gründen auch immer – entfernt werden musste.

Literatur   [ + ]

1. Gay, C., Jeanne, P., Courbiere, B., Bretelle, F., & Agostini, A. (2019). Impact of salpingectomy for ectopic pregnancy on the ovarian response during IVF Stimulation. Journal of Gynecology Obstetrics and Human Reproduction.
2. Yoon, S. H., Lee, J. Y., Kim, S. N., Chung, H. W., Park, S. Y., & Lee, C. (2016). Does salpingectomy have a deleterious impact on ovarian response in in vitro fertilization cycles?. Fertility and sterility106(5), 1083-1092.
3. Kotlyar, A., Gingold, J., Shue, S., & Falcone, T. (2017). The effect of salpingectomy on ovarian function. Journal of minimally invasive gynecology24(4), 563-578.

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Krebserkrankungen nach Hormonbehandlung: Neue Daten

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Einnistungsspritze

Das Risiko für Krebserkrankungen nach Hormonbehandlungen ist aktuellen Studien sehr gering. Bei bestimmten Tumoren der Eierstöcke herrscht noch Unklarheit, jedoch sind diese extrem selten.

Immer wieder wurde der Verdacht geäußert, dass Hormonbehandlungen ein erhöhtes Krebsrisiko nach sich ziehen. Über die letzten Jahrzehnte wurden jedoch immer wieder Studien veröffentlicht, die ein erhöhtes Risiko ausschließen konnten. Zuletzt wurden diese Studien im Jahre 2013 in einer Übersichtsarbeit zusammengefasst. Die gleichen Autoren haben nun auch aktuelle Arbeiten zum Thema berücksichtigt1)Rizzuto, I., Behrens, R. F., & Smith, L. A. (2019). Risk of ovarian cancer in women treated with ovarian stimulating drugs for infertility. Cochrane Database of Systematic Reviews, (6).

Die Arbeit wurde in der Cochrane Library veröffentlicht. Wir haben diese und weitere Studien in unserem Theorie-Teil zusammengefasst und erläutert.

Auch in dieser neuen Übersicht findet sich keine signifikante Steigerung von Krebserkrankungen nach Hormonbehandlungen. Weiterhin unklar ist ein Zusammenhang zwischen der Gabe von Hormonen (hier vor allem Clomifen) und sogenannten Borderline-Tumoren der Eierstöcke. Diese Hinweise sind jedoch statistisch (und bei den einzelnen Studien auch methodisch) sehr schwach und belegen diese Zusammenhänge nur unzureichend.

Das ist zuletzt auch darauf zurückzuführen, dass diese speziellen Tumore ohnehin sehr selten sind. Dadurch ist das absolute Risiko für eine solche Erkrankung immer sehr gering – mit oder ohne Hormongaben. Unklar ist weiterhin, ob auf diesem sehr niedrigen Level relative Risikoerhöhungen vorhanden sind.

Zusammenfassend lässt sich eine signifikante Erhöhung des Krebsrisikos durch Hormonbehandlungen jedoch ausschließen.

 

Literatur   [ + ]

1. Rizzuto, I., Behrens, R. F., & Smith, L. A. (2019). Risk of ovarian cancer in women treated with ovarian stimulating drugs for infertility. Cochrane Database of Systematic Reviews, (6).

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Schilddrüsenantikörper in der Schwangerschaft: Muss man L-Thyroxin geben?

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Schilddrüsenantikörper

Schilddrüse und Schwangerschaft: Sind Antikörper gegen die Schilddrüse vorhanden, senkt eine Behandlung mit L-Thyroxin das Risiko für Fehl- und Frühgeburt nicht.

Es steht außer Frage, dass eine gute Funktion der Schilddrüse und eine ausreichende Versorgung mit dem Schilddrüsenhormon besonders wichtig für Frauen mit Kinderwunsch ist. Beim Schwangerwerden und auch im Verlauf der Schwangerschaft spielt das Thyroxin eine bedeutsame Rolle.

Nun gibt es auch Menschen, deren Immunsystem die Schilddrüse angreift (TPO-Antikörper). Nicht immer kommt es dabei auch gleich zu einer Unterfunktion des Organs. Bei sehr vielen Betroffenen funktioniert die Schilddrüse trotz der Antkörper einwandfrei.

Im Zusammenhang mit der künstlichen Befruchtung hatten wir unlängst eine Studie vorgestellt, die sich mit der Auswirkung der Schilddrüsenantikörper auf den Erfolg einer solchen IVF oder ICSI beschäftigt. Eine Übersichtsarbeit1)Poppe, K., Autin, C., Veltri, F., Kleynen, P., Grabczan, L., Rozenberg, S., & Ameye, L. (2018). Thyroid autoimmunity and intracytoplasmic sperm injection outcome: a systematic review and meta-analysis. The Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism103(5), 1755-1766. fand hier weder einen Einfluss der Antikörper auf die Schwangerschaftsraten noch auf die Zahl der Fehlgeburten.

Kontrollierte Studie bestätigt dies

Natürlich sind sich alle Experten einig, dass man Frauen mit Kinderwunsch oder bereits Schwangere mit L-Thyroxin behandeln sollte, wenn sie eine Unterfunktion der Schilddrüse aufweisen. Was man jedoch tun sollte, wenn zwar TPO-Antikörper vorhanden sind, die Funktion der Schilddrüse jedoch davon unbeeinträchtigt ist, bleibt weiterhin umstritten.

Eine Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie stellt nun eine aktuelle Studie2)Dhillon-Smith, R. K., Middleton, L. J., Sunner, K. K., Cheed, V., Baker, K., Farrell-Carver, S., … & Ghobara, T. (2019). Levothyroxine in women with thyroid peroxidase antibodies before conception. New England Journal of Medicine380(14), 1316-1325. vor, die diesen Sachverhalt mit einer kontrollierten Studie untersuchte. Kontrolliert bedeutet dabei, dass ein Teil der Probandinnnen Placebo bekamen („Kontrollgruppe“) und ein anderer Teil L-Thyroxin (50 µg) erhielt („Verumgruppe“).

952 Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch oder vorausgegangener Fehlgeburt wurden dabei untersucht. Forscher unter der Leitung von Dr. Rima Dhillon-Smithob gingen der Frage nach, ob die Gabe von Levothyroxin bei Frauen mit normalen Schilddrüsenhormonen (TSH < 4 mU/l) und TPO-Antikörpern die Lebendgeburtenrate erhöht.

Die Ergebnisse in beiden Gruppen („Verum“ und „Kontrolle“) waren vergleichbar. 266 der 470 Frauen (56,6 Prozent), die Levothyroxin erhielten, und 274 von 470 Frauen (58,3 Prozent), die ein Plazebo erhielten, wurden schwanger. 76 Teilnehmerinnen der Levothyroxingruppe (37,4 Prozent) und 178 der Plazebogruppe (37,9 Prozent) brachten ein lebendes Kind zur Welt. Professor Führer3)Direktorin der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel/Zentrallabor – Forschung und Lehre am Universitätsklinikum Essen. fasst zusammen:

„Die Qualität der Studie ist hoch und die Ergebnisse deshalb relevant: Levothyroxin erhöht nicht den Schwangerschaftserfolg für Frauen mit normaler Schilddrüsenfunktion und TPO-Antikörper.“ Die ergänzende Gabe von Levothyroxin sei hier deshalb nicht evidenzgesichert (= die Wirkung ist nicht bewiesen).

Auf zwei weitere wichtige Aspekte weist Professor Dr. med. Matthias M. Weber, Mediensprecher der DGE und Leiter der Endokrinologie der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, hin: „Bei den schwangeren Patientinnen könnten durch eine medizinisch nicht notwendige Verordnung von Schilddrüsenhormonen eventuell Ängste entstehen. Zudem wird das Gesundheitssystem unnötig belastet.“ Für die DGE-Experten sind die Ergebnisse der NEJM-Studie so überzeugend, dass sie hoffen, dass sie in nationale und internationale Leitlinien Eingang finden und in der Praxis diese neuen Erkenntnisse auch konsequent umgesetzt werden.

In Anbetracht des Leidensdrucks bei unerfülltem Kinderwunsch oder gar bei wiederholten Fehlgeburten ist die Umsetzung sicherlich nicht ganz so einfach, wie Prof. Weber dies sich wünscht. Gerade bei den eher gering ausgeprägten Nebenwirkungen des L-Thyroxin wird vermutlich die Gabe in solchen Fällen oft erfolgen. Auch wenn der Nutzen nicht mehr umstritten, sondern offenbar nachweislich nicht vorhanden ist.

Literatur   [ + ]

1. Poppe, K., Autin, C., Veltri, F., Kleynen, P., Grabczan, L., Rozenberg, S., & Ameye, L. (2018). Thyroid autoimmunity and intracytoplasmic sperm injection outcome: a systematic review and meta-analysis. The Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism103(5), 1755-1766.
2. Dhillon-Smith, R. K., Middleton, L. J., Sunner, K. K., Cheed, V., Baker, K., Farrell-Carver, S., … & Ghobara, T. (2019). Levothyroxine in women with thyroid peroxidase antibodies before conception. New England Journal of Medicine380(14), 1316-1325.
3. Direktorin der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel/Zentrallabor – Forschung und Lehre am Universitätsklinikum Essen.

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Chromosomenuntersuchung des Embryos bei IVF: Werden zu viele Embryonen aussortiert?

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Präimplantationsdiagnostik PID

Eine genetische Untersuchung eines Embryos kann im Rahmen einer IVF oder ICSI durch eine Präimplantationsdiagnostik (PID) erfolgen. Können nur genetisch normale Embryonen zur Geburt eines gesunden Kindes führen?

Die künstliche Befruchtung führt bedauerlicherweise nicht immer zu einer Schwangerschaft. Leider nistet sich nicht jeder Embryo ein. Man geht davon aus, dass die ausbleibende Einnistung vor allem auf die Chromosomen der Embryonen zurückzuführen sind. Damit erklärt sich dann auch die schlechtere Erfolgsrate bei zunehmendem Alter der Frau. Man geht davon aus, dass Fehlverteilungen der Chromosomen dabei eine Rolle spielen. Also vor allem sogenannte numerische Fehlverteilungen, die dazu führen, dass eine Eizelle ein Chromosom zuviel oder zu wenig hat.

Wie funktioniert die Präimplantationsdiagnostik?

Die Idee ist, einige Zellen aus dem Embryo zu entnehmen und diese dann genetisch zu untersuchen, also die Chromosomen zu zählen (Karyogramm). Am leichtesten – und deswegen ist die Methode auch inzwischen am verbreitetsten – gelingt dies im Blastozystenstadium.

blastozyste Präimplantationsdiagnostik
Menschlicher Embryo im Blastozystenstadium

Die Blastozyste heißt so, weil sie in ihrem Inneren einen Hohlraum ausbildet. In diesem Stadium der Embryonalentwicklung beginnen sich die Zellen zu differenzieren. Die Zellen, die später den Embryo ergeben, sind auf dem Bild zwischen 5 und 10 Uhr als etwas dunklerer Zellverband erkennbar. Außen findet man eine ringförmige Zellstruktur, die dann später zur Fruchthöhle und Mutterkuchen wird. Diese Zellen nennt man Trophektoderm.

Und das ist der Punkt, an dem Zellen zur Präimplantationsdiagnostik entnommen werden können (Trophektodermbiopsie). Zumindest ist dies die gegenwärtig am häufigsten verwendete Technik. Die entnommenen Zellen werden dann untersucht. Ist der Chromosomensatz vollständig und normal, werden die Embryonen transferiert, also in die Gebärmutter eingesetzt. Embryonen mit einem auffälligen Befund (zu viele oder zu wenige Chromosomen) werden aussortiert und verworfen.

Damit ist – theoretisch – dann der häufigste Grund für das Ausbleiben einer Schwangerschaft beseitigt, weil nur genetisch gesunde Embryonen transferiert werden. Soweit die Theorie. Ist es denn in der Praxis auch so, dass die Schwangerschaftsraten steigen? Und was macht in den Fällen, wo nach der PID keine „normalen“ Embryonen für den Transfer vorhanden sind?

Verbessert die PID die Schwangerschaftsraten?

Nun, der positive Effekt auf die Erfolgsraten ist zumindest umstritten. Einige Studien1)Dahdouh, E. M., Balayla, J., & García-Velasco, J. A. (2015). Impact of blastocyst biopsy and comprehensive chromosome screening technology on preimplantation genetic screening: a systematic review of randomized controlled trials. Reproductive biomedicine online30(3), 281-289. und Übersichtsarbeiten2)Dahdouh, E. M., Balayla, J., & García-Velasco, J. A. (2015). Comprehensive chromosome screening improves embryo selection: a meta-analysis. Fertility and sterility104(6), 1503-1512.3)Lee, E., Illingworth, P., Wilton, L., & Chambers, G. M. (2014). The clinical effectiveness of preimplantation genetic diagnosis for aneuploidy in all 24 chromosomes (PGD-A): systematic review. Human Reproduction30(2), 473-483. berichten über eine verbesserte Schwangerschaftsrate vor allen bei älteren Frauen mit einer ausreichenden Anzahl an Eizellen. Andere Studien sehen hingegen keine Vorteile4)Lee, E., Illingworth, P., Wilton, L., & Chambers, G. M. (2014). The clinical effectiveness of preimplantation genetic diagnosis for aneuploidy in all 24 chromosomes (PGD-A): systematic review. Human Reproduction30(2), 473-483.5)Twisk, M., Mastenbroek, S., van Wely, M., Heineman, M. J., Van der Veen, F., & Repping, S. (2006). Preimplantation genetic screening for abnormal number of chromosomes (aneuploidies) in in vitro fertilisation or intracytoplasmic sperm injection. Cochrane Database of Systematic Reviews, (1).. Gegenwärtig ist die Effektivität der Methode – wenn sie nur zur Verbesserung der Schwangerschaftsrate bei IVF und ICSI angewendet wird – weiter umstritten.

Keine „gesunden“ Embryonen – keine Chance auf ein Kind?

Aber das ist nicht Thema dieses Artikels. Leider ergibt sich gar nicht so selten die Situation, dass nach Untersuchung aller zur Verfügung stehender Embryonen, keine von diesen einen normalen Chromosomensatz aufweist. Konsequenterweise müsste man dann auf einen Transfer verzichten und meist wird das auch getan.

Folgt man der grundsätzlichen Idee der Präimplntationsdiagnostik, dann ist diese Vorgehensweise auch der einzig gangbare Weg. Denn die abnormalen Embryonen dürften sich weder einnisten noch gar zur Geburt eines (gesunden) Kindes führen. Ist das wirklich so? 

Offenbar ist diese Annahme zwar logisch, aber falsch. So lautet zumindest das Ergebnis einer Studie, die diesen Sachverhalt untersuchte6)Patrizio, P., Shoham, G., Shoham, Z., Leong, M., Barad, D. H., & Gleicher, N. (2019). Worldwide live births following the transfer of chromosomally “Abnormal” embryos after PGT/A: results of a worldwide web-based survey. Journal of Assisted Reproduction and Genetics, 1-9. Für diese Studien wurden IVF-Kliniken in den USA, Kanada, Europa, Asien, Südamerika und Afrika befragt. 151 Zentren beantworteten den Fragebogen, davon führen 125 (83%) die PID durch.

Die häufigsten Gründe für die Anwendung der Präimplantationsdiagnostik waren:

  • Fortgeschrittenes Alter der Frau
  • Wiederholt ausgebliebene Schwangerschaft nach künstlicher Befruchtung
  • Wiederholte Fehlgeburten
  • Geschlechtsauswahl

20% der Zentren berichteten, dass sie auch Embryonen transferieren, wenn keine „normalen“ zur Verfügung stehen. Die Ergebnisse dieser Transfer befanden die Autoren der Studie „bemerkenswert“. Denn 49,3% der Transfer mit genetisch auffälligen Embryonen führten zu einer fortlaufenden Schwangerschaft. Nur 9,3% der Schwangerschaften endeten in einer Fehlgeburt.

Die Autoren stellen fest, dass auch mit „nicht normalen“ Embryonen gute Erfolgsraten erzielt werden können bei niedriger Fehlgeburtenrate. Man kann daraus aus Sicht der Autoren der Studie nur schlussfolgern, dass die PID die Auswahl der „richtigen“ Embryonen nicht zulässt. Als Folge dieser Methode werden zu viele Embryonen verworfen, die zur Geburt eines gesunden Kindes hätten führen können.

Mit anderen Worten: Man führt eine PID durch, stellt fest, dass die Embryonen allesamt zu viele oder zu wenige Gene haben, transferiert sie dann trotzdem und hat gute Schwangerschaftsraten und kein erhöhtes Fehlgeburtsrisiko.

Das stellt den Sinn der Präimplantationsdiagnostik als Screening-Methode zur Verbesserung der Erfolgsraten bei IVF und ICSI mehr als in Frage. Allerdings ist die Zahl der Transfers auffälliger Embryonen gering und die Studie ist das Resultat einer Umfrage. Sehr belastbar sind die Daten daher nicht, sollten aber Anlass für weiterführende Studien sein.

 

Literatur   [ + ]

1. Dahdouh, E. M., Balayla, J., & García-Velasco, J. A. (2015). Impact of blastocyst biopsy and comprehensive chromosome screening technology on preimplantation genetic screening: a systematic review of randomized controlled trials. Reproductive biomedicine online30(3), 281-289.
2. Dahdouh, E. M., Balayla, J., & García-Velasco, J. A. (2015). Comprehensive chromosome screening improves embryo selection: a meta-analysis. Fertility and sterility104(6), 1503-1512.
3. Lee, E., Illingworth, P., Wilton, L., & Chambers, G. M. (2014). The clinical effectiveness of preimplantation genetic diagnosis for aneuploidy in all 24 chromosomes (PGD-A): systematic review. Human Reproduction30(2), 473-483.
4. Lee, E., Illingworth, P., Wilton, L., & Chambers, G. M. (2014). The clinical effectiveness of preimplantation genetic diagnosis for aneuploidy in all 24 chromosomes (PGD-A): systematic review. Human Reproduction30(2), 473-483.
5. Twisk, M., Mastenbroek, S., van Wely, M., Heineman, M. J., Van der Veen, F., & Repping, S. (2006). Preimplantation genetic screening for abnormal number of chromosomes (aneuploidies) in in vitro fertilisation or intracytoplasmic sperm injection. Cochrane Database of Systematic Reviews, (1).
6. Patrizio, P., Shoham, G., Shoham, Z., Leong, M., Barad, D. H., & Gleicher, N. (2019). Worldwide live births following the transfer of chromosomally “Abnormal” embryos after PGT/A: results of a worldwide web-based survey. Journal of Assisted Reproduction and Genetics, 1-9.

Der Beitrag Chromosomenuntersuchung des Embryos bei IVF: Werden zu viele Embryonen aussortiert? erschien auf Aktuelles zum Thema Kinderwunsch.

Wenige Eizellen und Alter über 40: Lohnt sich eine Stimulation für IVF?

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wenige Eizellen und IVF

Frauen, deren Eierstöcke nur schlecht auf eine hormonelle Stimulation ansprechen, nennt man „low responder“ oder „poor responder“. Da man dann nur wenige Eizellen zur Verfügung hat, sind die Erfolgschancen bei der künstlichen Befruchtung meist niedrig. Sind niedrige oder höhere Hormondosen in solchen Fällen besser?

Zunächst an dieser Stelle der Hinweis auf unseren Theorie-Teil. Hier haben wir das das Kapitel über low responder erweitert und vor allem aktualisiert.

In diesen Fällen stehen also nur wenige Eizellen zur Verfügung als üblich. Da die Chancen bei einer IVF oder ICSI auch von der Zahl der Eizellen abhängt, stellt sich die Frage, wie man stimulieren muss, um die Chancen möglichst zu erhöhen. Spontan würde man ja denken, dass eine hochdosierte Stimulation hilfreich sein könnte. So einfach scheint es jedoch nicht zu sein, wie man auch im Theorie-Teil nachlesen kann.

In einigen dort zitierten Vergleichsstudien zeigt sich, dass eine niedrig dosierte Behandlung zumindest keine schlechteren Erfolgsraten nach sich zieht. Eine niedrig dosierte Stimulation führt ebenso oft zu einer Schwangerschaft wie die deutlich belastendere hochdosierte Hormontherapie.

Natürlicher Zyklus besser bei low respondern?

Man kann das Ganze natürlich noch auf die Spitze treiben und gar keine Hormone geben. Oder fast keine. Denn bei der IVF im natürlichen Zyklus („Natural cycle IVF“ „IVF naturelle“) wird man natürlich dennoch den Eisprung unterdrücken und später auslösen, um reife Eizellen zu bekommen. Allerdings sind die Chancen auf eine Schwangerschaft bei einer künstlichen Befruchtung ohne Hormone eher gering. Hier mehr zu diesem Thema.

Dennoch stellt sich die Frage, ob es nicht besser ist, auf Hormone zu verzichten, wenn die Eierstöcke ohnehin kaum darauf ansprechen. Zu diesem Thema hat eine Arbeitsgruppe unter Federführung der Universität Brüssel zwei verschiedene Vorgehensweisen untersucht. Sie verglich die Ergebnisse zweier Stimulationsprotokolle bei low respondern: Das normal dosierte (bis zu 450 IE /Internationale Einheiten) und das „modified natural cycle ivf“ Protokoll (MNC-IVF). Dabei handelt es sich um einen modifizierten Natürlichen Zyklus, gelegentlich- nicht immer – mit einer niedrigen Stimulation.

Wenige Eizellen sind besser als nur eine Eizelle

Von den 476 in die Studie aufgenommenen Frauen wurden 189 mit einer MBC-IVF behandelt und 287 mit einem konventionellen und hochdosierten Protokoll. Aus Sicht der Freunde des natürlichen Zyklus die gute Nachricht zuerst: Konnte ein guter Embryo transferiert werden, dann waren die Chancen auf eine Schwangerschaft in beiden Gruppen gleich.

Es gab aber leider auch eine schlechte Nachricht, die leider überwiegt. Die Zahl intakter Schwangerschaften pro Patient war nach Stimulation 10,1% (29 von 287) und nach der MNC-IVF 2,6%. Das spiegelt wider, dass es  im natürlichen Zyklus häufiger nicht zum Transfer kommt und eine Auswahl der besten Embryonen nicht möglich ist.

Die Autoren der Studie ziehen aus den Ergebnissen den Schluss, dass Frauen über 40 und mit wenigen Eizellen von einer IVF ohne Hormone profitieren könnten. Sicherlich ist der Aufwand durch den Wegfall der Stimulation geringer. Aber jede Eizelle zusätzlich erhöht andererseits die Chancen. Meine Schlussfolgerung in Anbetracht der Ergebnisse wäre eher, dass eine (milde) Stimulation auch bei low respondern die Chancen – auf niedrigem Nivau – deutlich verbessern kann.

 

Der Beitrag Wenige Eizellen und Alter über 40: Lohnt sich eine Stimulation für IVF? erschien auf Aktuelles zum Thema Kinderwunsch.

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